Aarhus-Konvention

Das Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten der UNO-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) wurde 1998 in Aarhus (DK) beschlossen und ist 2001 in Kraft getreten. Die Schweiz hat die Konvention im März 2014 ratifiziert und ist seit dem 1. Juni 2014 Vertragspartei. Insgesamt sind 46 Staaten und die EU der Konvention beigetreten.


1. Die Konvention hat drei Pfeiler

  • Erster Pfeiler: Umweltinformation
  • Zweiter Pfeiler: Öffentlichkeitsbeteiligung bei umweltrelevanten Entscheidungsverfahren
  • Dritter Pfeiler: Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten

Erster Pfeiler: Umweltinformation (Art. 4 und 5)

Aktive Umweltinformation (Art. 5)

Bei der Umweltinformation unterscheidet die Konvention zwischen der aktiven Umweltinformation und dem Öffentlichkeitsprinzip.

Die aktive Umweltinformation (Art. 5) besagt, dass Behörden Informationen über die Umwelt auf transparente Weise zur Verfügung stellen müssen. Sie sollen dies vor allem mittels Listen, Registern oder Datensammlungen tun. Grundlegende Informationen sollen gebührenfrei sein.

Zudem verlangt die Konvention, dass die Parteien alle drei bis vier Jahre einen umfassenden Umweltbericht erstellen.

Öffentlichkeitsprinzip (Art. 4)

Beim Öffentlichkeitsprinzip geht es darum, dass der Bürger und die Bürgerin in Dokumente, die sich bei den Behörden befinden, Einsicht nehmen können. Die Aarhus-Konvention legt für Umweltinformationen dieses Öffentlichkeitsprinzip fest. Demnach hat jedermann ein Einsichtsrecht. Ein Interessennachweis ist nicht nötig. Zuständig für die Gewährung des Zugangs sind jene Behörden, die Umweltdaten besitzen. Die Konvention enthält eine abschliessende Liste von Gründen, aufgrund derer die Behörden den Zugang zu Informationen verweigern oder aufschieben können.

Zweiter Pfeiler: Öffentlichkeitsbeteiligung bei umweltrelevanten Entscheidverfahren (Art. 6 - 8)

Hier geht es in erster Linie um Vorhaben, die der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterstehen (Art. 6). Bei solchen Vorhaben verlangt die Konvention die Einhaltung verschiedener Vorschriften. So muss zum Beispiel der Gesuchsteller einen Bericht über die Umweltauswirkungen des Projekts erstellen und die für das Vorhaben relevanten Unterlagen sind öffentlich aufzulegen. Die Konvention enthält auch eine Liste der Vorhaben, die der UVP unterstellt werden müssen.

Ebenfalls Teil des zweiten Pfeilers sind aber auch die Erarbeitung von umweltrelevanten Plänen und Programmen und der Erlass von Gesetzen oder Verordnungen (Art. 7 und 8). Auch hier fordert die Konvention die Staaten auf, dafür zu sorgen, dass die Projekte öffentlich gemacht werden und dass die Öffentlichkeit dazu Stellung nehmen kann. Die Stellungnahmen sollen angemessen berücksichtigt werden.

Dritter Pfeiler: Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten

Betroffene müssen das Recht haben an ein Gericht zu gelangen, wenn ihnen

  • das Einsichtsrecht in Dokumente nicht gewährt wurde (Art. 9 Abs. 1)
  • wenn betroffenen Anwohnern oder Umweltorganisationen die Beteiligung an UVP-pflichtigen Vorhaben verweigert wurde (Art. 9 Abs. 2)
  • wenn die betroffenen Behörden bei UVP-relevanten Entscheiden Umweltrecht verletzt haben (Art. 9 Abs. 2)

Ein sehr allgemein gehaltenes Anfechtungsrecht ergibt sich aus Art. 9 Abs. 3 der Konvention. Danach soll die Öffentlichkeit bei Handlungen, die gegen umweltbezogene Bestimmungen verstossen, an eine Verwaltungsbehörde oder an ein Gericht gelangen können.


2. Berichterstattung durch die Vertragsparteien

Die Parteien erstatten regelmässig Bericht über die Umsetzung des Übereinkommens (Art. 10 Abs. 2 der Konvention).

In der Regel tun dies die Staaten alle vier Jahre, jeweils im Hinblick auf die Tagung der Vertragsparteien.


3. Protokoll

Zur Aarhus-Konvention gibt es ein Protokoll, das Schadstofffreisetzungs- und -transferregister (Pollutant Release and Transfer Register PRTR). Die Schweiz hat das Protokoll Ende 2006 ratifiziert. Das Schweizer Register ist seit Anfang 2009 in Betrieb.


4. Umsetzung der Konvention im schweizerischen Recht

Die Aarhus-Konvention verpflichtet die Vertragsparteien, für die Umsetzung der Bestimmungen der Konvention zu sorgen.

Erster Pfeiler: Umsetzung der Umweltinformation (Art. 4 und 5 Aarhus-Konvention)

Die Umweltgesetze und Umweltverordnungen enthalten hinreichende Regelungen über die aktive Umweltinformation (vgl. z.B. Art. 10e Umweltschutzgesetz [USG], Art. 34 Waldgesetz [WaG], Art. 25a Natur- und Heimatschutzgesetz [NHG] und Art. 50 Gewässerschutzgesetz [GschG]).

Beim Öffentlichkeitsprinzip wurde im Umweltschutzgesetz (Art. 10g USG) eine Bestimmung eingefügt, wonach Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch auf Zugang zu Dokumenten haben, die Umweltinformationen enthalten. Diese Bestimmung gilt für Bund und Kantone. Für den Bund gilt zudem das Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ), welches das Verfahren bei Zugangsgesuchen, die Gründe für die Einschränkung des Zugangs und das Schlichtungsverfahren regelt. In Abweichung zum BGÖ ist der Zugang zu Dokumenten mit Umweltinformationen auch für Dokumente, die vor dem 1. Juli 2006 erstellt wurden oder einer Bundesbehörde zugegangen sind, zu gewähren (Art. 10g Abs. 2 USG).

Die Kantone müssen den Zugang zu Umweltinformationen unter Berücksichtigung der Konvention selber regeln. Die meisten Kantone haben bereits ein Öffentlichkeitsgesetz. Jene Kantone, die noch keine entsprechenden Vorschriften erlassen haben, können das Bundesrecht sinngemäss anwenden (Art. 10g Abs. 4 USG).

Zudem wurde im USG geregelt, dass der Bundesrat zuhanden des Parlaments alle drei Jahre einen Umweltbericht verabschiedet (Art. 10f USG).

Zweiter Pfeiler: Umsetzung der Öffentlichkeitsbeteiligung bei umweltrelevanten Entscheidverfahren (Art. 6 - 8 Aarhus-Konvention)

Das Mitwirkungsverfahren der Öffentlichkeit und der betroffenen Öffentlichkeit für Anlagen, die der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterstehen, ist in Art. 10a ff. USG geregelt. Die Liste der Anlagen, die nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPV) der UVP unterstehen, muss um einige Anlagen erweitert werden.

Beim Erlass von Plänen und Programmen sowie von Vorschriften (Gesetze und Verordnungen) kennt das schweizerische Recht ebenfalls eine Beteiligung der Öffentlichkeit (z.B. Art. 4 Raumplanungsgesetz [RPG], Art. 3 ff. Vernehmlassungsgesetz [VlG]).

Dritter Pfeiler: Umsetzung des Zugangs zu Gerichten in Umweltangelegenheiten

Der Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten ist gewährleistet. Betroffene können einerseits an ein Gericht gelangen, wenn ihnen der Zugang zu Dokumenten, die Umweltinformationen enthalten, verweigert wurde. Sie können sich aber auch an die Gerichte wenden, wenn bei einem Bewilligungsverfahren ihre Rechte als Partei verletzt wurden oder wenn sie der Ansicht sind, dass bei der Bewilligung Umweltrecht nicht eingehalten wurde (Art. 9 Abs. 1 und 2 Aarhus-Konvention). Auch das von der Konvention geforderte Beschwerderecht von Umweltorganisationen ist gewährleistet: Organisationen, die vom Bundesrat das Beschwerderecht erhalten haben, können die Bewilligung von Anlagen, die der UVP unterstehen, gerichtlich überprüfen lassen (Art. 55 USG).

Schliesslich können beschwerdeberechtigte Umweltorganisationen auch an Gerichte gelangen, wenn es um die Verletzung von Vorschriften im Bereich des Natur- und Heimatschutzes geht (Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention, Art. 12 NHG).

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Letzte Änderung 18.10.2018

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