Landschaftsleistungen: Viel mehr als «nur» schön

Die Malerei hat unser Idealbild der Landschaft geprägt. Allerdings leistet diese viel mehr, als uns «nur» ästhetischen Genuss zu bereiten.

Text: Lucienne Rey

Fläsch (GR)
Fläsch (GR) ist Teil des Inventars der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz. Die Gemeinde erhielt 2010 den Wakkerpreis, unter anderem für die innovative Ortsplanung und den Erhalt regionaltypischer Freiflächen im Zentrum.
© Markus Forte | Ex-Press | BAFU

Die Sehnsucht nach der idyllischen Landschaft ist mindestens so alt wie die bildlichen Überlieferungen antiker Hochkulturen: Wandmalereien, rund 1300 Jahre vor unserer Zeitrechnung in altägyptischen Grabkapellen aufgetragen, zeigen Jagdszenen im Papyrusdickicht und paradiesartige Anlagen – ein Zeugnis der engen Verflechtung zwischen idealisierter Landschaft, religiösen Werten der Gesellschaft, Emotionen der Menschen und ihrem ästhetischen Empfinden. 

Heute ist der Blick auf die Landschaft nüchterner, aber ebenso vielschichtig. So definiert sie der Europarat in seiner Landschaftskonvention aus einer ganzheitlichen Perspektive als «ein Gebiet, wie es vom Menschen wahrgenommen wird und dessen Charakter das Ergebnis der Wirkung und Wechselwirkung von natürlichen und/oder menschlichen Faktoren ist».

Die Landschaft bietet dem Menschen nicht nur ästhetischen Genuss, sondern stärkt auch seine Gesundheit, stiftet Gefühle der Verbundenheit und trägt damit zur räumlichen Identifikation bei und fördert die Wirtschaftskraft einer Region.

Dass diese vier zentralen Leistungen der Landschaft mittlerweile weitherum anerkannt sind, ist nicht zuletzt auf die Diskussion über die Ökosystemleistungen zurückzuführen, wie sie ab den 1990er-Jahren in Gang gekommen ist. Den Anstoss dazu gaben Überlegungen aus der Umweltökonomie, wonach auch Funktionen der Natur, die der klassischen Wirtschaftswissenschaft zufolge kostenlos zur Verfügung stehen, mit einem Preis zu versehen seien. Nur so könnten sie nämlich als handelbare Güter in den Wirtschaftskreislauf einfliessen.

Folglich begann die Wissenschaft, den vielfältigen Nutzen von Ökosystemen zu klassifizieren – Arbeiten, die im Jahr 2001 lancierten Millennium Ecosystem Assessment gipfelten. Diese durch die Vereinten Nationen unter der Präsidentschaft von Kofi Annan begonnene Studie zum Zustand der Umwelt verankerte den Ausdruck der Ökosystemleistungen im Wortschatz der Fachwelt.

Aus der Forschung gelangte dieser Ansatz in die schweizerischen Strategien zu Biodiversität und Landschaft. «Die Landschaftsleistungen sind dabei eine Weiterentwicklung der Ökosystemleistungen», bestätigt Roger Keller, der als Geograf an der Universität Zürich erforscht, was die Landschaft zum Florieren von Wirtschaft und Gesellschaft sowie zum individuellen Wohlbefinden alles beiträgt.

Bestrebungen, die vielfältigen Leistungen von Ökosystemen in Geldwert auszudrücken, sind allerdings umstritten, und Landschaftsleistungen sind monetär kaum zu fassen. Zwar lässt sich beispielsweise die Funktion des Waldes als Filter für sauberes Trinkwasser zumindest theoretisch mit einem Preisschild versehen, indem sie mit den Kosten für eine entsprechende Infrastruktur verglichen wird. Die vier zentralen Landschaftsleistungen hingegen stehen in enger Wechselwirkung miteinander und können nicht ersetzt werden. Deshalb braucht es ein stärkeres Bewusstsein für den gesellschaftlichen und individuellen Wert dieser vier Landschaftsleistungen, die in den folgenden Porträts ausgelotet werden.

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Letzte Änderung 02.09.2020

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