Landschaft: Das Wichtigste in Kürze

Der Schweizer Bevölkerung liegt die Landschaft am Herzen. Ihre Schönheit und Vielfalt sollen auch künftig eine hohe Lebens- und Standortqualität sicherstellen. Dazu braucht es weiterhin Anstrengungen, um die Landschaft qualitätsorientiert weiterzuentwickeln. Denn sie bleibt trotz punktueller Verbesserungen und des gesunkenen Flächenverbrauchs pro Person unter Druck. Damit alle von der erwünschten Innenentwicklung profitieren, müssen auch in den Siedlungen attraktive Grünflächen erhalten und aufgewertet werden.


1. Ansprüche an Wohnraum, Mobilität, Freizeit (Ursachen)   

Die Landschaft widerspiegelt die naturräumliche sowie die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung. Besonders geprägt werden Landschaften durch

  • die naturräumliche Ausstattung als Folge der geologischen, klimatischen und biologischen Prozesse
  • die Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung
  • die Nutzungsformen der Land- und Forstwirtschaft.

Treibende Kräfte hinter der Ausdehnung der Siedlungsfläche sind das Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum sowie die wachsenden Ansprüche an Wohnraum, Mobilität und Wirtschafts- und Gewerbeinfrastruktur. Zudem treibt die immer stärker verbreitete räumliche Trennung von Arbeit, Wohnen und Freizeit die Zersiedelung an. Angesichts dieser Entwicklungen bleibt die Landschaft unter Druck. Dazu trägt auch der Ausbau der erneuerbaren Energien bei.

Der Klimawandel und die damit verbundenen Anpassungsmassnahmen werden künftig die Landschaft noch stärker beeinflussen. Der Rückgang der Gletscher wird im Hochgebirge deutliche Spuren hinterlassen. Zudem nimmt das Risiko von Felsstürzen und Rutschungen zu, und auch die Vegetation wird sich verändern. In Siedlungsgebieten gewinnen Grünräume wie Gärten, Pärke und Wälder für die Anpassung an den Klimawandel stark an Bedeutung, da sie einerseits städtischen Hitzeinseln entgegenwirken und andererseits den Abfluss bei Starkniederschlägen ausgleichen.


2. Siedlungswachstum, Ausbau Verkehrsinfrastruktur, Strukturwandel in der Landwirtschaft (Belastungen) 

Die Schweizer Landschaften verändern sich seit Jahrzehnten stark. Die Siedlungsflächen nehmen in der Schweiz stetig zu. Sie dehnen sich vor allem im Einzugsgebiet der Städte und Agglomerationen, im Mittelland und in den flachen Tallagen aus. Insgesamt haben sie zwischen 1985 und 2018 um knapp einen Drittel (+776 km2) zugenommen, auch wenn sich das Tempo im letzten Jahrzehnt etwas verlangsamt hat. Das Siedlungsgebiet wächst nun weniger schnell als die Bevölkerung. Dies könnte auf erste Erfolge der Siedlungsentwicklung nach innen hinweisen.

Räumlich bestehen Unterschiede: Vor allem in ländlichen Regionen liegen die Wachstumsraten z.T. nach wie vor bei 10 % oder darüber. Ein Grund ist, dass in diesen Gebieten die pro Person beanspruchte Siedlungsfläche weiter zunimmt. Dadurch schreitet auch die Zersiedelung weiterhin voran.

Ein weiterer wichtiger Treiber der Zersiedelung ist der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Von 1985 bis 2018 nahm die Verkehrsfläche von 825 auf 955 km2 zu. Für Erholung, Sport und Tourismus werden auch ausserhalb des Siedlungsgebietes Anlagen und Einrichtungen wie touristische Transportanlagen, beschneite Pisten, Restaurants, Parkplätze, Biketrails usw. erstellt. Insbesondere in den Bergregionen verschieben sich wintersportliche Aktivitäten in bisher naturbelassene Gebiete des Hochgebirges, und der Sommertourismus gewinnt an Bedeutung.

Energieproduktionsanlagen und Übertragungsleitungen sind ebenfalls markante Elemente in der Landschaft. Die Energiestrategie 2050 und die Notwendigkeit, neue Anlagen für die Nutzung erneuerbarer Energien zu erstellen, wird den Landschaftswandel in den kommenden Jahren erheblich beeinflussen.

Die Ausdehnung von Gebäuden, Strassen und Freizeitanlagen geht hauptsächlich zu Lasten der landwirtschaftlichen Nutzfläche, die in den letzten Jahrzehnten abgenommen hat. Insbesondere ökologisch wertvolle Strukturen wie Hecken, Einzelbäume oder Steinhaufen an flachen Standorten, die für die Bewirtschaftung besonders geeignet sind, stehen unter Druck.

Die Rationalisierung in der Landwirtschaft führt zu einer intensiven Nutzung der verbleibenden Fläche. In tiefen Lagen wird die landwirtschaftliche Nutzung tendenziell vielfältiger; dennoch wirkt sich die intensive Landwirtschaft nach wie vor negativ auf Strukturvielfalt und Biodiversität aus. Insbesondere in Bergregionen der Alpensüdflanke werden viele hoch gelegene Sömmerungsweiden aufgegeben und dadurch allmählich zu Wald.

Zudem beanspruchen landwirtschaftliche Bauten und Anlagen mehr Fläche, etwa aufgrund des Trends zu grossen Ställen, breiten Zufahrtsstrassen und ebensolchen Wendeplätzen.

Die Lichtemissionen nehmen seit Jahren weltweit zu. Im schweizerischen Mittelland gibt es seit 1996 keinen Quadratkilometer mehr mit absoluter Dunkelheit während der Nacht, im Jura seit 2008.


3. Vielfältige Landschaften, Wandel des Kulturlands, Zersiedelung, Zerschneidung der Landschaft (Zustand)   

Die Schweiz ist reich an äusserst vielfältigen Landschaften. Einige davon sind Landschaften von internationaler Bedeutung: Das Gebiet Swiss Alps Jungfrau-Aletsch BE/VS, der Monte San Giorgio TI, die Tektonikarena Sardona GL und die alten Buchenwälder in den Tälern Lodano, Busai und Soladino (TI) sowie auf dem Bettlachstock (SO) sind die vier in der Schweiz als Weltnaturerbe qualifizierten Objekte des der UNESCO. Auch die Objekte des Kulturerbes wie die Weinbergterrassen im Lavaux oder die Rhätische Bahn im Gebiet Albula/Bernina tragen zum landschaftlichen Reichtum der Schweiz bei.

Wohnen, Arbeiten, Verkehrs- und Freizeitanlagen beanspruchen rund 8 % der Schweizer Landesfläche. Dabei machen Wohnareale mit rund 35 % den grössten Anteil dieser Siedlungsfläche aus, gefolgt von Verkehrsflächen mit 30 %. Der Rest entfällt auf nicht bewohnte Gebäudeareale, Industrie- und Gewerbeareale, Erholungs- und Grünanlagen, Baustellen und Industriebrachen.

Auch dank der Siedlungsentwicklung nach innen ist der Flächenverbrauch pro Person  gesunken, von 412 m2 auf 396 m2 gesunken. Doch gleichzeitig haben gemäss Satellitenmessungen die Grünräume im Siedlungsgebiet seit 2017 jedes Jahr um durchschnittlich rund 1 % abgenommen.

Trotz der leichten Drosselung führt das Siedlungswachstum weiterhin zu einer zunehmenden Zersiedelung - dem ungeregelten Wachstum von Siedlungen im unbebauten Raum. Das Landschaftsbild ändert sich zunehmend von einer offenen zu einer überbauten und technisierten Landschaft.

Aufgrund neuer Verkehrsanlagen nimmt auch die Zerschneidung weiterhin zu. Im Vergleich zu den 1980er- und 1990er-Jahren ist die Zunahme aber geringer. Das Mittelland ist am stärksten durch Verkehrswege zerschnitten – dort liegen mehr als die Hälfte aller Strassenverbindungen der Schweiz.

Fast zwei Drittel der Siedlungsflächen sind versiegelt. Somit sind rund 5% der Landesfläche (2081 km2) versiegelt. Die Bodenversiegelung hat sich jüngst (2009–2018 im Vergleich zu 1997–2009) pro Jahr sogar wieder beschleunigt.

Zwischen 1985 und 2018 ist die Landwirtschaftsfläche inklusive Sömmerungsgebiet schweizweit um 1143 km2, sprich 7% der Landesfläche, zurückgegangen. Im Mittelland und in den Talböden machen die Landwirtschaftsflächen meist der Siedlung Platz, während in den Berglagen Gebüsch und Wald aufkommen.

Seit 1985 haben die Gebäudeflächen ausserhalb der Bauzonen jährlich um knapp 60 ha zugenommen. Landwirtschaftliche Bauten und Anlagen passen sich dabei, entgegen den Umweltzielen Landwirtschaft (UZL) und den Zielen des Landschaftskonzepts Schweiz (LKS), oft ungenügend in ihre Umgebung ein.

Da die Nutzung von Alpweiden zurückgeht, wachsen vor allem in hochgelegenen Gebieten die Waldflächen. Sie bedecken heute gut 32% der Landesfläche.

Intensivierung und einseitige Rationalisierung in der Landwirtschaft bringen den kontinuierlichen Verlust von landschaftsprägenden und ökologisch wertvollen Elementen mit sich.

Bei den Fliessgewässern hat sich die Situation hingegen seit der Revision des Gewässerschutzgesetzes (2011) verbessert. Die mit der Renaturierung einhergehende, standortgerechte Bepflanzung und Aufweitung des Gewässerraums erhöht die Attraktivität für den Menschen und bietet besser Voraussetzungen für die Biodiversität. Dies wirkt sich positiv auf das Landschaftserlebnis aus.

Die Bevölkerung nimmt gemäss einer repräsentativen Umfrage von 2020 die zahlreichen Veränderungen der Landschaft wahr. Dabei werden die Änderungen im Siedlungsraum von einem grösseren Anteil an Personen bemerkt als diejenigen im Gewässer- oder Landwirtschaftsraum. Zudem wird festgestellt, dass sich städtische Gemeinden und Agglomerationen stärker verändern als andere Gebiete. Die Beurteilung dieser Veränderungen durch die Bevölkerung ist allerdings kontrovers. So wird beispielsweise die Verdichtung von Siedlungsgebieten von vielen (32 %) positiv, aber von vielen anderen (41 %) auch negativ beurteilt.


4. Beeinträchtigung von Erholungs- und Naturerlebnis, mangelnde Vernetzung (Auswirkungen)  

Die fortschreitende Zersiedelung, die Zerschneidung und der Verlust an landschaftlicher Schönheit und Vielfalt mindern den Erholungswert von Landschaften für die Bevölkerung, die dort wohnt und arbeitet, aber auch für den Tourismus. Die von der Landschaft erbrachten Leistungen (Erholung und Gesundheit, Identifikation und Vertrauen, ästhetischer Genuss und Standortattraktivität) werden damit langfristig in Frage gestellt.

Für Pflanzen und Tiere bedeutet die immer weitergehende Zerschneidung der insgesamt schrumpfenden Fläche naturnaher Lebensräume eine Aufsplitterung in isolierte Teilpopulationen. Einige Jahre mit hoher Sterblichkeit oder schlechtem Fortpflanzungserfolg können genügen, eine solche Population auszulöschen

Im Berggebiet schrumpft die Landwirtschaftsfläche, weil nicht mehr genutzte Wiesen und Weiden verbuschen. Diese Entwicklung führt längerfristig zu einem Verlust der entsprechenden Artengemeinschaften und der landschaftlichen Vielfalt. Kurzfristig kann die Biodiversität jedoch ansteigen, und mit dem Wald nimmt die ursprüngliche Vegetation der Naturlandschaft wieder ihren Platz ein. 

Die Beschleunigung der Veränderungen verstärkt den Druck auf die Landschaftsqualitäten. Starke Bautätigkeit, lokal wenig angepasste Bauten und grossflächige Monokulturen beeinträchtigen Eigenart, Schönheit und Vielfalt einer Landschaft. Diese verliert ihre lokalen und regionaltypischen Besonderheiten. Damit können auch die Leistungen für die regionale Identität abnehmen.


5. Qualitätsvolle Siedlungen und herausragende Landschaften (Massnahmen)  

Eine nachhaltige Entwicklung der Landschaft stellt eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Kantonen und Gemeinden dar. Gefordert ist deshalb ein kohärentes Zusammenwirken aller staatlichen Ebenen, ein abgestimmtes Zusammenspiel der raumwirksamen Politiken und ein intensiver Dialog.

Das 2020 aktualisierte Landschaftskonzept Schweiz (LKS) legt das Fundament für eine kohärente Landschaftspolitik: Bund, Kantone und Gemeinden setzen die darin formulierten Ziele in ihren landschaftsrelevanten Politikbereichen wie Energie-, Verkehrs-, Raumordnungs- und Landwirtschaftspolitik um. Auch strebt das LKS an, das Bewusstsein für die Bedeutung der Landschaft zu schärfen und Handlungskompetenzen im Umgang mit ihr zu stärken.

Als Folge der 2014 in Kraft getretenen Revision des Raumplanungsgesetztes müssen die Kantone die Siedlungsentwicklung nach innen umsetzen. Die Agglomerationspolitik des Bundes hält Bund, Kantone und Gemeinden dazu an, Lebens- und Umweltqualitäten der Schweiz zu fördern. Dabei sollen sich die Agglomerationen durch eine qualitätsvolle Siedlungsentwicklung nach innen und eine klare Begrenzung ihrer räumlichen Ausdehnung auszeichnen.

Mit Landschaftsqualitäts- sowie Biodiversitätsbeiträgen im Rahmen der Agrarpolitik trägt der Bund dazu bei, die regional typische, standortangepasste Bewirtschaftung wie Ackerterrassen und Wytweiden zu erhalten.

Im September 2012 hat das Parlament die Ratifizierung der Europäischen Landschaftskonvention genehmigt. Dieses Übereinkommen des Europarates, welches 2013 in der Schweiz in Kraft getreten ist, ist eine wichtige Grundlage für die Landschaftspolitik auf europäischer und nationaler Ebene.

Unter besonderem Schutz des Bundes stehen die 162 im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) beschriebenen Objekte. Sie widerspiegeln die Vielfalt unterschiedlich stark vom Menschen überformter Landschaften, bilden damit den Reichtum der Natur-, Besiedlungs- und Bewirtschaftungsgeschichte der Schweizer Landschaft ab und sollen erhalten bleiben. Die revidierte Verordnung zum BLN trat am 1. Juni 2017 in Kraft. Sie schafft mehr Rechts- und Planungssicherheit im Umgang mit dem wertvollen Natur- und Kulturerbe der Schweiz.

Die Moorlandschaften gehören zu den schönsten und ökologisch wertvollsten Landschaften der Schweiz. Sie stehen unter einem rechtlich umfassenden Schutz (Moorlandschaftsverordnung). Die Qualität der Moorbiotope jedoch verschlechtert sich weiterhin.

Mit dem Label Pärke von nationaler Bedeutung fördert der Bund seit Ende 2007 Regionen, welche ihre natürlichen und kulturellen Schätze schützen und gleichzeitig die Entwicklung der lokalen Wirtschaft fördern sowie die Lebensqualität der Bevölkerung erhöhen. In Ergänzung zum Schweizerischen Nationalpark im Engadin, der seit 1914 besteht, konnten mit diesem Instrument seither 17 Pärke erfolgreich errichtet werden, zwei weitere sind in Errichtung.

Weitere wichtige landschaftsbezogene Instrumente, sind die Strategie Biodiversität Schweiz und die Waldpolitik 2020.

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Letzte Änderung 20.12.2022

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