Newsletter Aktionsplan Biodiversität Nr. 7, 29. April 2016

Hans Romang
Hans Romang

Editoral von Hans Romang

Liebe Leserin, lieber Leser

Wir alle nutzen die Werte der Natur. Eine intakte und vielfältige Umwelt ist für unser Leben von zentraler Bedeutung. Wir Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz leben jedoch nicht nachhaltig und verbrauchen mehr natürliche Ressourcen, als unser Land zu bieten hat. Die Umwelt leidet unter unserem Verhalten und die biologische Vielfalt geht zurück. Fast die Hälfte aller Lebensräume ist bedroht und ihre ökologische Qualität verschlechtert sich fortlaufend. Besonders gefährdet sind feuchte, trockene und nährstoffarme Biotope. Seit 1850 sind die Flächen der Auen um 70% sowie diejenigen der Moore um 90% zurückgegangen. Die Flächen der Trockenwiesen und -weiden haben seit 1900 um 95% abgenommen. Über ein Drittel der bekannten Arten in der Schweiz ist bedroht. Die Biodiversität braucht deshalb dringend unsere Unterstützung!

Das BAFU setzt alles daran, die biologische Vielfalt zu fördern und langfristig zu erhalten. Schliesslich sollen auch die kommenden Generationen von den vielfältigen Naturschätzen unseres Landes profitieren können. Wir stützen unsere Arbeit auf die Ziele des Bundesrates ab, welche in der Strategie Biodiversität Schweiz (SBS) beschrieben sind und mit Hilfe des Aktionsplans Biodiversität in den Alltag umgesetzt werden sollen. Die SBS hält fest, dass die Biodiversität reichhaltig und gegenüber Veränderungen reaktionsfähig sein soll. Zudem sollen die Biodiversität und ihre Ökosystemleistungen langfristig erhalten bleiben. Zur Biodiversität zählen wir die ganze Vielfalt an Lebensräumen, Arten und Genen sowie die ökologischen Wechselwirkungen zwischen und innerhalb diesen Ebenen. Die Biodiversität bildet damit die Basis dafür, dass Ökosysteme ihre natürlichen Funktionen erfüllen und damit u.a. diejenigen Leistungen erbringen können, von denen wir Menschen in vielfältigster Weise und nebenbei auch unentgeltlich profitieren. Ökosysteme produzieren zum Beispiel saubere Luft zum Atmen, Nahrungsmittel sowie Grundstoffe für die Industrie, sie schützen uns vor Naturgefahren und sie verwöhnen unsere Seele mit den wunderbaren und weltberühmten Schweizer Landschaften. Machen wir weiter wie bisher, drohen viele dieser Leistungen für immer verloren zu gehen. Das können wir uns nicht leisten! Die Zukunft liegt also in unseren Händen und ich freue mich sehr, dass Sie sich geschätzte Leserin, geschätzter Leser, für das Thema Biodiversität und die Aufgaben und Anstrengungen unseres Amtes interessieren.

Der Leitgedanke der Abteilung Arten, Ökosysteme, Landschaften des BAFU, welche ich seit September 2015 leiten darf, ist der Schutz und die Förderung der Biodiversität. Nebst der Umsetzung des Aktionsplans  Biodiversität beschäftigen wir uns deshalb auch mit weiteren Projekten zugunsten der biologischen Vielfalt in der Schweiz. Diverse dieser Projekte konnten wir im vergangenen Jahr abschliessen oder sie sind in ihrer Umsetzung schon weit fortgeschritten. So stellt die Revision der Wasser- und Zugvogelreservate-Verordnung einen wichtigen Schritt zum Lebensraumschutz dar. Der Schutz von Lebensräumen ist integraler Bestandteil der Strategie Biodiversität Schweiz und findet sich unter anderem in der Forderung nach einer nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen wieder, aber auch im Bestreben, eine Ökologische Infrastruktur, also einem Netz aus Schutz-, Artenförderungs- und Vernetzungsgebieten zu schaffen. Auch unser Engagement zugunsten der Waldbiodiversität erhöht sich laufend. Für den Umgang mit problematischen (invasiven), gebietsfremden Arten hat das BAFU letztes Jahr eine Strategie entworfen und in die Anhörung geschickt. Schliesslich zeigen wir mit der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans für den Doubs und mit Pilotprojekten in den Pärken von nationaler Bedeutung, wie der Aufbau einer Ökologischen Infrastruktur konkret angegangen werden kann. Die Schaffung der Ökologischen Infrastruktur ist eine Hauptforderung der Strategie Biodiversität und damit auch Herzstück des kommenden Aktionsplans Biodiversität. All diese Teilerfolge sollen und dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass der Zustand der Biodiversität in der Schweiz weiterhin schlecht ist und wir noch viel Arbeit vor uns haben.

Mit der Strategie und dem Aktionsplan Biodiversität, an dessen Konzeption wir intensiv arbeiten, bündeln wir unsere Energie und fokussieren uns auf unser Ziel. So freue ich mich, gemeinsam mit Ihnen die wichtigen Herausforderungen zum Erhalt und zur Förderung der Biodiversität anzupacken und erfolgreich umzusetzen!

Mit besten Grüssen

Hans Romang, Abteilungsleiter Arten, Ökosysteme, Landschaften

 


 

Aktionsplan Biodiversität bald spruchreif

Der Aktionsplan Biodiversität dient dazu, die 10 strategischen Ziele der Strategie Biodiversität Schweiz (SBS) in die Praxis zu umzusetzen. Die SBS fordert unter anderem die nachhaltige Nutzung der Biodiversität, die Schaffung einer Ökologischen Infrastruktur, die Förderung von Arten, das Verankern der Anliegen der Biodiversität in Wissenschaft und Bildung oder die Verstärkung des Engagements der Schweiz für die Biodiversität auf internationaler Ebene. Der Aktionsplan Biodiversität soll die strategischen Ziele des Bundesrates erfüllen, gleichzeitig aber auch auf die Wünsche und Bedürfnisse aus Vollzug und Praxis eingehen. Die Abteilung Arten, Ökosysteme, Landschaften des BAFU hat deshalb intensive Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern aus Kantonen, Gemeinden, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Interessenverbänden und NGOs geführt. Die Erkenntnisse aus diesem so genannten partizipativen Prozess haben es uns erlaubt, rund 70 Massnahmen auszuformulieren, welche schliesslich in den Entwurf des Aktionsplans Strategie Biodiversität Schweiz integriert werden konnten.

Auf Wunsch des Bundesrates legten wir im Frühjahr 2015 den Kantonen diejenigen Massnahmen vor, welche sie hinsichtlich finanzieller oder personeller Ressourcen am meisten betreffen. Die Rückmeldungen können insofern positiv gewertet werden, als dass die grosse Mehrheit der Kantone mit der grundsätzlichen Stossrichtung der vorgeschlagenen Massnahmen zugunsten der Biodiversität einverstanden ist. Für Gesprächsstoff wird hingegen sicherlich vor allem die Finanzierung dieser Massnahmen sorgen. Nun sind wir dabei, die Massnahmen aufgrund der Rückmeldungen der Kantone zu überarbeiten, so dass wir mit einem überzeugenden Massnahmenpaket in die politische Diskussion gehen können. Für die zweite Jahreshälfte werden wir zudem eine Vernehmlassungsvorlage ausarbeiten, welche die notwendigen gesetzlichen Anpassungen und Neuerungen aufzeigt, aber auch die Kosten zur Umsetzung des Aktionsplans Biodiversität.

BAFU-intern wird das Projekt „Aktionsplan Strategie Biodiversität Schweiz" (Aktionsplan Biodiversität) seit Juli 2015 von Franziska Humair geleitet. Sie ist promovierte Biologin und ehemalige Journalistin und hat die Projektleitung von Sarah Pearson übernommen. Sarah Pearson, Chefin der Sektion Arten und Lebensräume, hat sehr wertvolle Aufbauarbeit für den Aktionsplan geleistet.


Revision der Wasser- und Zugvogelreservate-Verordnung (WZVV)

Dank der Revision der Wasser- und Zugvogelreservate-Verordnung im Juli 2015 konnten die Schutzflächen für Wasser- und Zugvögel erweitert werden. Auch mit Blick auf die Schaffung einer Ökologischen Infrastruktur - dem 2. Ziel der Strategie Biodiversität Schweiz - darf dies als grosser Erfolg gewertet werden. In bestehenden Wasservogelreservaten werden zudem neue Kernzonen mit verstärktem Schutz eingerichtet, so dass Wasservögel weniger durch die Freizeitnutzung gestört werden. Die Revision geht damit auch auf die sich stetig verändernden Erholungsbedürfnisse der Bevölkerung ein und verringert so den Druck durch Freizeitaktivitäten auf die eidgenössischen Wildtierschutzgebiete.


Strategie invasive gebietsfremde Arten vor der Vernehmlassung

Vom Menschen in die Schweiz eingebrachte Arten, welche sich ausbreiten und Probleme für Mensch, Tier oder Umwelt verursachen (invasive, gebietsfremde Arten, wie z. B. Ambrosia, Riesen-Bärenklau oder japanischer Staudenknöterich) wirken sich zunehmend negativ auf die Biodiversität in der Schweiz aus. Mit dem Postulat Vogler (Po 13.3636) wurde der Bundesrat deshalb beauftragt, möglichst rasch eine nationale Strategie zur Eindämmung invasiver gebietsfremder Arten zu erarbeiten. Eine solche Strategie ist für die Umsetzung des 3. Ziels der Strategie Biodiversität - der Verbesserung des Erhaltungszustandes von National Prioritären Arten - zentral. Zum Entwurf dieser Strategie wurde im Herbst 2015 eine Anhörung bei den Kantonen und verschiedenen Institutionen und Organisationen durchgeführt. Die Strategie wurde grundsätzlich begrüsst, auch wenn es zahlreiche Detailanmerkungen gegeben hat, die es zurzeit auszuwerten gilt. Die Vernehmlassung zu den notwendigen Gesetzesanpassungen zur Umsetzung der Strategie ist für das Frühjahr 2017 geplant.


Erfolgreiche Vollzugshilfe „Waldbiodiversität"

Anfang 2015 publizierte das BAFU die Vollzugshilfe „Waldbiodiversität in der Schweiz - Ziele und Massnahmen", ein Meilenstein im Waldnaturschutz. Für den Grosslebensraum Wald wurden damit die Strategie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt, die nationalen und regionalen Umsetzungsziele sowie die Umsetzungsprogramme und Massnahmen bis ins Jahr 2030 bestimmt. Gleichzeitig konnten die verantwortlichen Akteure eruiert werden. Die Vollzugshilfe wurde 2015 auch erfolgreich für die neue Verhandlungsrunde mit den Kantonen zu den Programmvereinbarungen 2016-2019 im Umweltbereich eingesetzt.


Nationaler Aktionsplan für den Doubs hilft zu Vernetzen

Am 24. November 2015 hat das Bundesamt für Umwelt in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Energie und den Kantonen Neuenburg und Jura den nationalen Aktionsplan für den Doubs veröffentlicht. Dieser bezweckt die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der Ökosysteme, die entlang der schweizerisch-französischen Grenze und auf jurassischem Boden mit dem Doubs verbunden sind, sowie den nachhaltigen Schutz sämtlicher Arten, die am und im Doubs und seinen Zuflüssen typischerweise vorkommen. Auch hier zielen diverse im Aktionsplan enthaltene Massnahmen auf den Aufbau einer Ökologischen Infrastruktur ab. Diese Massnahmen sollen die Vernetzung der Lebensräume sicherstellen und damit die Wanderung der Arten ermöglichen.

Plan d’action national en faveur du Doubs

Diese Publikation existiert nicht auf Deutsch. Sie ist jedoch in anderen Sprachen erhältlich.


Pilotprojekte Förderung der Ökologischen Infrastruktur in Pärken von nationaler Bedeutung

Pärke von nationaler Bedeutung müssen aktiv zur Ökologischen Infrastruktur beitragen. Das BAFU führt deshalb in der Programmperiode 2016-2019 entsprechende Pilotprojekte durch. Ziel ist es, während der nächsten Jahre unterschiedliche Möglichkeiten zur Förderung der Ökologischen Infrastruktur im Bereich der Pärke von nationaler Bedeutung zu testen. Wir freuen uns, dass alle regionalen Naturpärke der Schweiz sowie der Naturerlebnispark Sihlwald an diesen Pilotprojekten teilnehmen und die Kantone die Verantwortung für die daran angeschlossenen Teilprojekte übernommen haben. Die Erkenntnisse und Erfahrungen aus diesen Projekten dienen dem BAFU, den Kantonen, den Parkträgerschaften wie auch Dritten dazu, den Aufbau einer Ökologischen Infrastruktur in der ganzen Schweiz voranzutreiben.


Tagung Siedlungsraum fördert Zusammenarbeit

Auch die Biodiversität im Siedlungsraum stellt einen wichtigen Pfeiler der Ökologischen Infrastruktur dar. Leider nimmt die biologische Vielfalt im Siedlungsraum stetig ab, weshalb ein dringender Handlungsbedarf besteht. Im Rahmen der BAFU-Tagung «Wohnort: Die Siedlung #biodiversität» vom 24. November 2015 tauschten sich deshalb über 200 Teilnehmende aus Forschung, Wirtschaft, NGOs, privaten Büros und Verwaltung über Rahmenbedingungen, Konzepte, Prozesse und Instrumente zur Förderung der Biodiversität im Siedlungsraum aus. Ziel der Tagung war es u.a., den Dialog zwischen den unterschiedlichen involvierten Akteuren zu unterstützen und ihr Verständnis für die wechselseitigen Agenden zu wecken.

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Letzte Änderung 29.04.2016

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