Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU im Umweltbereich

Im Umweltbereich pflegt die Schweiz enge Beziehungen zur Europäischen Union (EU). Sie nimmt regelmässig an den informellen Treffen der EU-Umweltministerinnen und -minister teil und ist seit dem 1. April 2006 Mitglied der Europäischen Umweltagentur (EUA). Auf mehreren Gebieten hat die Schweiz ihre Umweltgesetzgebung bereits weitgehend mit derjenigen der EU in Einklang gebracht.


Grüner Deal und Deal für eine saubere Industrie

Die EU soll bis 2050 klimaneutral werden. Der von der Europäischen Kommission im Jahr 2019 präsentierte Grüne Deal beinhaltet ehrgeizige Vorschläge zur Umweltpolitik und hat zu einer Ökologisierung («greening») anderer Politikbereiche geführt.

Um bis 2030 eine Verminderung der Treibhausgasemissionen um 55 Prozent gegenüber 1990 zu erreichen, wurde die EU-Klimagesetzgebung allgemein gestärkt. Hinsichtlich der Kreislaufwirtschaft legte die EU den Schwerpunkt vermehrt auf Design und Produktion sowie auf die Verantwortung der Verbraucherinnen und Verbraucher anstatt nur auf Recycling.

Die Umsetzung des Grünen Deals wird auch nach den EU-Parlamentswahlen von  2024 weitergeführt. Im Februar 2025 legte die Kommission den Deal für eine saubere Industrie vor: Ihm zufolge sollte der Fokus auf die energieintensiven Industrien und den Sektor der sauberen Technologien gerichtet werden, der für den industriellen Wandel, die künftige Wettbewerbsfähigkeit und die Dekarbonisierung eine zentrale Rolle spielt.

Viele Ziele für eine nachhaltigere Entwicklung werden sowohl von der Schweiz als auch von der EU verfolgt. Bestimmte Ansätze können der Schweiz zugutekommen; allerdings führen die Umweltmassnahmen womöglich zu Handelshemmnissen, wie etwa die Produktvorschriften, oder sie stellen besondere Herausforderungen dar, so zum Beispiel das CO2-Grenzausgleichssystem.


Europäische Umweltagentur (EUA) und Konferenzen der Leiterinnen und Leiter der Umweltschutzagenturen

Die EUA ist eine Agentur der EU, die Entscheidungsträgerinnen und -trägern sowie der Öffentlichkeit verlässliche und zeitnahe Informationen über die Umwelt zur Verfügung stellt.

Im Rahmen des bilateralen Abkommens Umwelt mit der EU (Bilaterale II) wurde 2006 die Teilnahme der Schweiz an der EUA beschlossen. Die Schweiz ist Vollmitglied der EUA und des Europäischen Umweltinformations- und Umweltbeobachtungsnetzes (Eionet). Die EUA analysiert Daten zum Zustand der Umwelt in den 32 Mitgliedsländern (EU-27, EFTA-4 plus die Türkei) und den 6 teilnehmenden Ländern des Westbalkans. Sie sorgt dafür, dass diese Daten gemeinsame Kriterien erfüllen und dadurch vergleichbar sind. Die Schweiz ist im EUA-Verwaltungsrat vertreten, wodurch sie die von der EUA gesammelten Informationen und das Knowhow der Agentur nutzen kann. Zudem werden die sie selbst betreffenden Daten und Analysen in den Publikationen der Agentur veröffentlicht. Hingegen hat sich die Schweiz nicht dazu verpflichtet, materielle Regeln zur Umweltpolitik zu übernehmen oder ihre Vorschriften auf diesem Gebiet zu harmonisieren.

Darüber hinaus wirkt die Schweiz seit 2006 in den Netzen der Leiterinnen und Leiter der nationalen Agenturen für Umweltschutz (EPA-Netz) und für Naturschutz (ENCA-Netz) der EU mit.


Beitrag an die EU-Erweiterung

Am 30. Juni 2022 haben die Schweiz und die EU das Memorandum of Understanding (MoU) betreffend den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten unterzeichnet. Die Hauptschwerpunkte dieses Beitrags, der sich auf 1,302 Milliarden Franken über zehn Jahre beläuft, sind die Berufsbildung und die Migration. Abhängig von den Prioritäten der Partnerländer können die Mittel auch in weiteren Bereichen wie Umwelt- und Klimaschutz eingesetzt werden.

Der Umwelt- und Klimaschutz ist einer der fünf im MoU festgelegten Themenschwerpunkte. Projekte in diesem Bereich müssen sich mit der Energieeffizienz und erneuerbaren Energien, dem öffentlichen Verkehr, der Wasser- und Abwasserwirtschaft, der Abfallentsorgung oder dem Schutz der Natur und der Biodiversität befassen. Welche Projekte tatsächlich durchgeführt werden, hängt von den Abkommen mit den Partnerländern und letztlich von den konkreten Vorschlägen ab, die diese Länder vorlegen.


Integration des europäischen Umweltrechts in das Schweizer Recht

Neben den Abkommen über die EUA (siehe oben) und über den Emissionshandel (siehe unten) sehen die bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU generell eine Übernahme der EU-Gesetzgebung durch die Schweiz beziehungsweise eine Anpassung der schweizerischen Rechtsvorschriften an diejenigen der EU entsprechend dem Grundsatz der Äquivalenz vor. Allerdings übernimmt die Schweiz auch Bestimmungen des EU-Rechts in Bereichen, die nicht durch bilaterale Abkommen geregelt sind. Sie tut dies autonom und mit dem hauptsächlichen Ziel, Handelshemmnisse abzubauen.

Mit Blick auf die Umwelt ist unter anderem das Luftverkehrsabkommen aus dem Jahr 1999 zu erwähnen, das Bestimmungen über Lärmemissionen von Flugzeugen enthält. Zu den Zuständigkeiten der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA), an der auch die Schweiz beteiligt ist, zählt unter anderem die Harmonisierung der Konstruktionsnormen für Flugzeuge, namentlich von solchen, die für den Umweltschutz von Belang sind. Auch das Landverkehrsabkommen (LVA) von 1999 sieht eine Koordination der Verkehrspolitiken vor. Dies hat es der Schweiz ermöglicht, den Schwerverkehr höher zu besteuern, um auf diesem Weg die Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene zu fördern.


Sektorielle Dossiers 

Der Bundesrat ist ausgehend von den vier Bewertungskriterien Binnenmarktzugang, Kooperationsmöglichkeiten, politischer Handlungsspielraum und aussenpolitische Machbarkeit der Ansicht, dass der bilaterale Weg für die Schweiz weiterhin die vorteilhafteste Lösung ist.

Handel mit Treibhausgas-Emissionsrechten

Das Abkommen über die Verknüpfung der Emissionshandelssysteme der Schweiz und der EU ist am 1. Januar 2020 in Kraft getreten. Es regelt die gegenseitige Anerkennung von schweizerischen und europäischen Emissionsrechten. Da diese auf einer jeweils eigenständigen Rechtsgrundlage beruhen, übernimmt die Schweiz kein EU-Recht.

Der gegenseitige Marktzugang fördert die Flexibilität und das gute Funktionieren des CO2-Marktes und stellt sicher, dass Schweizer Unternehmen für eine Tonne CO2 denselben Preis zahlen wie ihre Konkurrenz aus den EU- und EFTA-Staaten. Das System der EU umfasst rund 9000 Anlagenbetreiber und 400 Luftfahrzeugbetreiber, die zusammen ungefähr 1,1 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente (CO2eq) pro Jahr ausstossen, während jenes der Schweiz mit etwa 100 Anlagen- und 200 Luftfahrzeugbetreibern jährlich insgesamt ca. 5,5 Millionen Tonnen CO2 eq abdeckt. 

Mit diesem Abkommen werden auch die CO2-Emissionen der Zivilluftfahrt in das schweizerische Emissionshandelssystem einbezogen. Dies gilt für Inlandflüge sowie für Flüge aus der Schweiz in ein Land des Europäischen Wirtschaftsraums (EU sowie Island, Liechtenstein und Norwegen) und in das Vereinigte Königreich.

Das Abkommen enthält Bestimmungen, die bei einer Verknüpfung mit Dritten Anwendung finden.

Biozide

Das Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA) enthält ein Kapitel über Biozidprodukte (Desinfektionsmittel, Schutzmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel ohne Pflanzenschutzmittel).  Es erleichtert den gegenseitigen Marktzugang für diese Produkte. Das Kapitel wurde im April 2015 aktualisiert, und die Rechtsgrundlagen der Schweiz und der EU wurden erneut als gleichwertig anerkannt. Eine Revision der EU-Gesetzgebung über Biozide ist derzeit nicht vorgesehen. 

Erdbeobachtungsprogramm Copernicus

Im Jahr 1998 lancierten die Europäische Weltraumagentur (ESA) und die EU gemeinsam die Erdbeobachtungsinitiative Copernicus. Damit sollen in den Bereichen Umwelt und Sicherheit gezielte Dienstleistungen (Überwachung der Atmosphäre, des Klimawandels, des Bodens, der Meeresumwelt sowie Massnahmen im Bereich Notfallmanagement und Sicherheit) für verschiedene Anwendergruppen wie Behörden, humanitäre Organisationen und Privatunternehmen erbracht werden.

Die Schweiz beteiligte sich als Mitglied der ESA sowie über die Forschungsrahmenprogramme der EU, in denen sie mitgewirkt hat, an der Entwicklung von Copernicus. Zudem ist sie in verschiedenen Institutionen aktiv, die im Auftrag von Copernicus arbeiten. Der Bundesrat hat im Jahr 2024 beschlossen, dass die Schweiz nicht an der aktuellen Periode des Programms teilnehmen soll, die bis Ende 2027 läuft. Ein Beitritt ab 2028 wird geprüft. Dieser würde der Schweiz ein Mitspracherecht am Programm und den freien Zugang zu den Daten langfristig sichern. Ausserdem könnte so gewährleistet werden, dass die Industrie an den Ausschreibungen teilnehmen kann, die im Rahmen von Copernicus durchgeführt werden. Eine Abschätzung der wirtschaftlichen Folgen deutet darauf hin, dass die Auswirkungen in der Schweiz für Hersteller von Instrumenten, für Unternehmen, die diese Art von Informationen verarbeiten, sowie für den Wirtschafts- und Forschungsstandort Schweiz positiv sein dürften.

Holzhandel

Unternehmen, die Erzeugnisse, in denen die Rohstoffe Rinder, Soja, Palmöl, Holz, Kaffee, Kakao und Kautschuk enthalten sind, in der EU in Verkehr bringen oder aus dieser ausführen, müssen ab dem 30. Dezember 2025 nachweisen, dass sie angemessene Sorgfaltspflichten in Bezug auf Entwaldung und Waldschädigung erfüllen.Diese neuen Sorgfaltspflichten wurden mit der Verordnung (EU) 2023/1115 über entwaldungsfreie Lieferketten (Entwaldungsverordnung; EUDR) eingeführt. Die EUDR soll gewährleisten, dass die relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse gemäss den Rechtsvorschriften des Ursprungslandes hergestellt sind und weder aus Flächen stammen, die nach dem 31. Dezember 2020 entwaldet wurden, noch generell in Verbindung mit Waldschädigung stehen.2024 hat der Bundesrat beschlossen, vorderhand auf eine Anpassung des Schweizer Rechts zu verzichten.

Als Antwort auf mehrere parlamentarische Motionen verabschiedete das Parlament bereits im Jahr 2019 eine Änderung des Umweltschutzgesetzes, die es dem Bundesrat ermöglichte, auf dem Verordnungsweg eine Regelung einzuführen, die der damaligen Regelung der EU entsprach; sie verbietet lediglich das Inverkehrbringen von illegal geschlagenem Holz.

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Letzte Änderung 08.07.2025

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