Mobile und immobile Kulturgüter sind in einem Erdbeben besonders verletzbar und ihre Zerstörung verursacht stets grosse emotionale Reaktionen. Als Teil unserer kulturellen Identität bedürfen sie eines besonderen Schutzes. Das gilt für Baudenkmäler ebenso wie für Sammlungen und Bestände in Museen, Archiven und Bibliotheken. Eine Gesamtübersicht zur Erdbebensicherheit von Kulturgütern in der Schweiz besteht heute nicht und ist aufgrund der Vielfalt und der Komplexität der Objekte schwer zu erstellen.
Baudenkmäler sind herausragende Zeitzeugen und für spätere Generationen zu erhalten. Bei Baudenkmälern steht wie bei herkömmlichen Bauten der Personenschutz im Fall eines Erdbebens im Vordergrund. Inwieweit Schäden an einem Baudenkmal akzeptierbar werden, solange die Ansprüche an den Personenschutz erfüllt sind, ist nicht geregelt und interdisziplinär fallspezifisch zu beurteilen. Auch für die sich in Baudenkmälern oder herkömmlichen Gebäuden befindlichen mobilen Kulturgüter sind die Schutzansprüche fallspezifisch zu diskutieren.
Im Grundsatz besteht für Eigentümerschaften eine Überprüfungspflicht für bestehende Bauwerke, also auch für Baudenkmäler, der spätestens bei einer grösseren Instandsetzung oder Veränderung eines Bauwerks nachgegangen werden sollte. Die Überprüfung der Erdbebensicherheit von Baudenkmälern ist wesentlich anspruchsvoller als bei herkömmlichen Bauten. Sie setzt bei einer Bauingenieurin oder einem Bauingenieur neben einem spezialisierten Verständnis des Bauwerksverhalten unter Erdbebeneinwirkungen (Erdbebeningenieurwesen) zusätzlich ein vertieftes Wissen über Tragwerke aus vergangenen Zeitepochen voraus. Die Erarbeitung allenfalls notwendiger baulicher Erdbebensicherheits-massnahmen hat interdisziplinär unter Zusammenarbeit der Bauingenieurin / des Bauingenieurs, der Architektin / des Architekten und der Denkmalpflege zu erfolgen. Nur so kann ein Optimum zwischen einer Reduktion der potentiellen Schäden und dem Erhalt der denkmalgeschützten Bausubstanz gefunden werden, das sich auf einer Beurteilung der Verhältnismässigkeit der Massnahmen abstützen muss. Damit ist es möglich gegenüber der Eigentümerschaft eine technisch-ökonomische und denkmalpflegerisch abgestimmte Massnahmenempfehlung auszusprechen.
Das BAFU hat als fachliche Unterstützung gemeinsam mit dem Bundesamt für Kultur (BAK) und dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) eine interdisziplinäre Wegleitung erarbeitet, die sich an alle Akteurinnen und Akteure wendet, die bei der Überprüfung der Erdbebensicherheit, sowie bei der Planung und Umsetzung von Erdbebensicherheits-massnahmen an Baudenkmälern involviert sind.
Erdbebensicherheit von Baudenkmälern
Idealtypischer Prozess bei Bauvorhaben: Eine interdisziplinäre Wegleitung für die Praxis. 2021
Weiterführende Informationen
Dokumente
Erdbebensicherheit von Baudenkmälern (PDF, 3 MB, 13.12.2021)Idealtypischer Prozess bei Bauvorhaben: Eine interdisziplinäre Wegleitung für die Praxis.
Erdbebensicherheit bei Baudenkmälern (PDF, 58 kB, 22.06.2018)Grundsatzdokument vom 22. Juni 2018
Letzte Änderung 20.12.2021