Magazin «die umwelt» 3/2021 - Dürfen wir das?
Editorial von Katrin Schneeberger, Direktorin BAFU.
In der öffentlichen Diskussion und in der Regulierung des Umweltschutzes spielen moralische Überzeugungen eine wichtige Rolle – auch wenn sie zumeist unsichtbar bleiben. Die Ethik könne helfen, diese Annahmen und ihre Konsequenzen offenzulegen, sagt Andreas Bachmann, Ethiker beim BAFU. Dies ermögliche eine konstruktivere Diskussion und eine kohärentere Umsetzung des Rechts.
Mit unserem Lebensstil betreiben wir Raubbau an der Erde und hinterlassen unseren Nachkommen ernsthafte Probleme: von Umweltschäden über Atommüll bis zum sich erwärmenden Klima. Was bedeutet Generationengerechtigkeit aus Sicht der Ethik?
Die Schweiz lagert die durch ihren Konsum verursachten Umweltbelastungen immer mehr ins Ausland aus. Müssen wir mehr Verantwortung für weltweite Umweltprobleme wie den Rückgang der Biodiversität übernehmen? Aus ethischer Sicht ist die Antwort klar.
Die Ethik hat zum Ziel, für alle nachvollziehbar zu begründen, warum bestimmte Handlungen zulässig sind und andere nicht. Bei der Nutzung, Erhaltung und Förderung der Biodiversität werden ständig Entscheidungen für oder gegen bestimmte Arten oder Individuen getroffen. Ethiker Klaus Peter Rippe erklärt, wo man Güterabwägungen vornehmen sollte und wie sie hergeleitet werden können.
Bei Umweltfragen treffen unterschiedliche Interessen und Grundsätze aufeinander, die sich manchmal gegenseitig auszuschliessen scheinen. Um diese Zielkonflikte anzugehen, bietet die Ethik eine nützliche, ergänzende Sichtweise, indem sie die zugrundeliegenden moralischen Prinzipien und die Interessenabwägungen verdeutlicht. Der Umgang mit dem Boden ist ein treffendes Beispiel dafür.
Für viele Regierungen ist klar: Die Auswirkungen der Klimaerwärmung müssen auch mit neuen Technologien bekämpft werden. Rechtfertigt es aber der Klimanotstand, diese noch weitgehend unerprobten Mittel einzusetzen?
Für Infektionskrankheiten, die von Tieren auf Menschen überspringen können und umgekehrt, sind wir selbst verantwortlich. Das hat mit unserem Verhältnis zur Umwelt zu tun.
Die Umweltpolitik des Bundes kann auf eine Vielzahl von Instrumenten zugreifen, um ihre Ziele zu erreichen. Mit dem Nudging – dem Anstupsen – ist ein elegantes, viel gepriesenes Mittel hinzugekommen: Ohne Verbote oder Gebote lassen sich damit gewünschte Verhaltensänderungen herbeiführen. Allerdings ist «nudging» nicht in jedem Bereich angemessen.