Boden: Das Wichtigste in Kürze

Die Schweiz büsst durch ihren nicht nachhaltigen Umgang mit Böden Möglichkeiten ein, Nahrungsmittel zu produzieren, sauberes Trinkwasser zu gewinnen, Räume für Freizeitaktivitäten zu nutzen, Treibhausgase zu reduzieren, die Biodiversität zu erhalten oder zunehmenden Hitzebelastungen entgegenzutreten. Dank der Siedlungsentwicklung nach innen hat sich das Siedlungswachstum zwar etwas verlangsamt, doch die Bodenversiegelung hat sich im letzten Jahrzehnt wieder beschleunigt. Zudem werden Böden weiterhin verdichtet und mit Schadstoffen belastet, und sie erodieren.


1.Wohnen, Mobilität, Land- und Waldwirtschaft, (Ursachen) 

Das Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum sowie die zunehmende Mobilität und der erhöhte durchschnittliche Wohnflächenbedarf pro Einwohnerin und Einwohner haben in den vergangenen Jahrzehnten zu einem gesteigerten Bedarf an Wohn- und Bürogebäuden, Strassen und Eisenbahnlinien, Einkaufszentren, Industrie- und Gewerbegebieten, Freizeit- und Sportanlagen geführt. Mit diesen wachsendenden Ansprüchen dürfte die Nachfrage nach Boden auch weiterhin hoch bleiben.

In der Forst- und Landwirtschaft werden aufgrund des Rationalisierungsdruckes die verwendeten Maschinen immer leistungsfähiger und zumeist schwerer. Damit nimmt das Risiko für Bodenverdichtungen und Erosion zu.

Durch den Klimawandel geraten die Böden stärker unter Druck, und ihre Leistungen werden noch wichtiger. Die häufigeren Starkniederschläge werden das Erosionsrisiko erhöhen. Durch die zunehmende Sommertrockenheit gewinnt die Wasserspeicherfähigkeit der Böden an Bedeutung, und der klimaschädigende Freisetzung von CO2 aus Torf in entwässerten Moorböden beschleunigt sich. Nicht nur in der Schweiz wird der Boden immer knapper. Rund 40 % der eisfreien Landoberfläche auf dem Globus wird heute landwirtschaftlich bewirtschaftet. Es ist zu erwarten, dass dieser Anteil weiter zunimmt, denn der Bedarf an Nahrungsmitteln wird sich gemäss FAO bis 2050 in Afrika südlich der Sahara und in Südasien voraussichtlich mehr als verdoppeln und im Rest der Welt etwa um einen Drittel vergrössern. Gleichzeitig kann der Klimawandel die Erträge reduzieren und die Konkurrenz um Land bzw. spezifische Landnutzungen werden sich weiter verschärfen.


2. Physikalische, chemische und biologische Bodenbelastungen sowie Flächenverbrauch (Belastungen) 

Grosse Herausforderungen sind die physikalischen Bodenbelastungen durch Verdichtung und Erosion. Bodenverdichtung entsteht z.B., wenn der Boden mit zu schweren Maschinen oder Fahrzeugen bearbeitet oder befahren wird – v.a. im nassen Zustand. Bodenverdichtung fördert den oberflächlichen Wasserabfluss und damit die Bodenerosion. Auf grossen Baustellen hat die Sorgfalt im Umgang mit Boden dank bodenkundlicher Baubegleitung zugenommen. Die Hauptursache für Erosion in der Schweiz ist insbesondere die nicht standortgerechte landwirtschaftliche Bewirtschaftung.

Chemische Belastungen entstehen durch den Eintrag von Stoffen wie beispielsweise Cadmium und Uran aus Düngern. Verschiedene Massnahmen (z. B. strengere Vorschriften bei der Luftreinhaltung, Verbot von verbleitem Benzin, Klärschlammausbringungsverbot) haben in den letzten Jahrzehnten dazu beigetragen, dass weniger Schadstoffe aus Industrie und Gewerbe in die Böden eingetragen wurden. Die älteren Einträge sind allerdings noch immer im Boden gespeichert; zudem werden Schwermetalle lokal über die Düngung in Böden eingetragen. Probleme bereitet nach wie vor der flächendeckende Eintrag von Stickstoff über die Luft. Auch der Eintrag von Mikroplastik ist flächendeckend zu beobachten und stellt zunehmend ein Problem dar.

Biologische Bodenbelastungen können durch gentechnisch veränderte, krankheitserregende oder standortfremde, meist durch die Verschiebung von Erdmaterial eingeschleppte Lebewesen entstehen.

Insgesamt hat die besiedelte Fläche in der Schweiz zwischen 1985 und 2018 um knapp ein Drittel (+776 km2) zugenommen, auch wenn sich ihre Ausdehnung in den letzten drei Jahrzehnten etwas verlangsamt hat. Besonders zugelegt haben die Wohnareale. Diese wuchsen sogar um 61 % und damit doppelt so schnell wie die Bevölkerung. So geht weiterhin Boden durch Überbauungen verloren, grösstenteils auf Kosten des Kulturlandes. Allerdings gibt es räumliche Unterschiede.

Durch die Bautätigkeit werden Flächen in Siedlungsgebieten versiegelt oder verdichtet. Die Versiegelung der Erdoberfläche mit luft- und wasserdichten Materialien wie Asphalt oder Beton ist die gravierendste Veränderung des Bodens durch den Menschen. Unsere Böden sind über Jahrtausende entstanden. Im Durchschnitt braucht es 100 Jahre, um einen Zentimeter Boden aufzubauen. Einmal zerstört, kann er sich in menschlichen Zeitmassstäben nicht neu bilden.


3. Zustand der Böden (Zustand)  

Das Ausmass der Belastungen des Bodens durch Verdichtung und Erosion hängt vom Bodentyp und der Art der Bewirtschaftung ab. Eine systematische Erhebung fehlt bis heute allerdings. In der Landwirtschaft ist das Problem der Bodenverdichtung am stärksten beim Acker- und Gemüsebau in feuchten Lagen ausgeprägt, insbesondere bei Kulturen wie Mais, Zuckerrüben oder Kartoffeln, die spät und oft bei schlechtem Wetter geerntet werden. Rund 20% der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Tal- und Hügelgebiet wird als potenziell mässig bis stark erosionsgefährdet klassiert, insbesondere Hanglagen, offene Ackerflächen und Flächen mit intensivem Gemüseanbau sind gefährdet.

Auf grossen Baustellen wird von den Behörden seit mehreren Jahren eine bodenkundliche Baubegleitung gefordert. Ausgebildete Fachpersonen sind für die Beratung und Begleitung der Bodenschutzmassnahmen zuständig, womit die Bodenschutzziele auf Grossbaustellen in der Regel gut erreicht werden.

Völlig unbelastete Böden gibt es in der Schweiz nicht mehr. Die meisten Schadstoffe werden im Boden zurückgehalten und können sich dort über Jahrzehnte anreichern. Oft schadstoffbelastet sind:

  • Siedlungsflächen (Gärten und Parks)
  • Böden im Umfeld bestimmter Industrie- oder Verkehrsanlagen.
  • Böden in landwirtschaftlichen Spezialkulturen (Obst- und Weinbau)

Einige chemische Belastungen sind tendenziell eher rückläufig (z.B. Blei und Quecksilber), andere bleiben ungefähr konstant (z.B. Chrom und Cadmium) und einige Schadstoffe haben sich in den letzten Jahren angereichert (dies betrifft z.B. Zink und Kupfer in der intensiven Graslandwirtschaft mit Tiermast). Aufgrund fehlender Erhebungen ist das Ausmass der Belastung v.a. bei organischen Schadstoffen, Veterinär-Antibiotika, Pflanzenschutzmitteln und Mikroplastik weitgehend unbekannt.

Der kritische Wert für den Stickstoffeintrag aus der Luft wird nach wie vor in vielen Lebensräumen deutlich überschritten.
Die biologische Bodenbelastung durch gentechnisch veränderte, krankheitserregende oder nicht-einheimische Lebewesen ist nicht akut, sie muss jedoch im Auge behalten werden.

Fast zwei Drittel der Siedlungsfläche ist versiegelt (Gebäude und Strassen). Dank der Siedlungsentwicklung nach innen hat sich das Tempo des Siedlungswachstums zwar etwas verlangsamt. Die versiegelten Flächen jedoch haben in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen, und zwar um 40% (594 km2) zwischen 1985 und 2018. Nachdem sich die Zunahme im Zeitraum 1997¬2009 verlangsamte, hat sich die Versiegelung in der jüngsten Beobachtungsperiode (2009–2018) wieder beschleunigt. Pro Jahr werden in der Schweiz derzeit 17,6 km2 Boden versiegelt, was fast 7 Fussballfeldern pro Tag entspricht.

Böden binden im Humus grosse Mengen Kohlenstoff aus der Atmosphäre. Die gespeicherte Menge ist rückläufig aufgrund von Landnutzungsänderungen und nicht nachhaltiger Bodenbewirtschaftung. In den letzten 30 Jahren waren die mineralischen landwirtschaftlichen Böden weder CO2-Quellen noch –Senken. Allerdings könnte ihr Humus- und Kohlenstoffvorrat mit angepassten Bewirtschaftungspraktiken erhöht werden. Dagegen ist der Humusverlust von entwässerten Moorböden relevant. Drainierte Flachmoore machen zwar weniger als 2 % der landwirtschaftlichen Fläche aus, tragen aber zu etwa 10 % der Treibhausgasemissionen des Agrarsektors bei.

Siedlungswachstum, Infrastrukturausbau und intensive Landwirtschaft konzentrieren sich im Mittelland und in den Talböden der grossen Alpentäler. Dementsprechend sind hier auch die grössten Bodenverluste durch Versiegelung und die stärkste Beeinträchtigung der Bodenqualität zu verzeichnen. Da in diesen Lagen zugleich die qualitativ besten ackerbaulichen Böden vorhanden sind, büssen insbesondere die fruchtbarsten Böden an Fläche und Qualität ein.


4. Auswirkungen der Bodenbelastungen (Auswirkungen)  

Intakte Böden erfüllen verschiedene ökologische als auch ökonomische Funktionen. Die Fähigkeiten des Bodens, Leistungen für Mensch und Umwelt zu erbringen wird im Begriff Bodenfunktionen umschrieben. Im Einklang mit den international gebräuchlichen Definitionen werden folgende Bodenfunktionen unterschieden:

  • Lebensraumfunktion: Fähigkeit des Bodens, Organismen als Lebensgrundlage zu dienen und zur Erhaltung der Vielfalt von Ökosystemen, Arten und deren genetischer Vielfalt beizutragen.
  • Regulierungsfunktion: Fähigkeit des Bodens, Stoff- und Energiekreisläufe zu regulieren, eine Filter-, Puffer- oder Speicherfunktion wahrzunehmen sowie Stoffe umzuwandeln.
  • Produktionsfunktion: Fähigkeit des Bodens, Biomasse zu produzieren, d.h. Nahrungs- und Futtermittel sowie Holz und Fasern.
  • Trägerfunktion: Fähigkeit des Bodens, als Baugrund zu dienen.
  • Rohstofffunktion: Fähigkeit des Bodens, Rohstoffe, Wasser und geothermische Energie zu speichern.
  • Archivfunktion: Fähigkeit des Bodens, Informationen der Natur- und Kulturgeschichte zu bewahren

Ein weggebaggerter oder versiegelter Boden kann seine Funktionen im Naturhaushalt nicht mehr erfüllen. Wenn der Boden versiegelt wird, kann er das Regenwasser nicht aufnehmen, keine Biomasse mehr produzieren und steht für die lokale Klimaregulierung (Abschwächung der Hitzeinsel Stadt) nicht zur Verfügung.

Verdichtete Böden sind weniger produktiv als nicht beeinträchtigte (unverdichtete) Böden, und sie nehmen weniger Niederschläge auf, weshalb das Risiko für Rutschungen und Überschwemmungen steigt. Ein oberflächlich verdichteter Boden braucht Jahre, um sich zu erholen, eine Verdichtung im Unterboden ist hingegen kaum mehr rückgängig zu machen.Durch Bodenerosion geht viel wertvolle Kulturerde verloren. Die weggeschwemmte Kulturerde kann Infrastrukturen (z.B. Strassen, Drainagesysteme) beeinträchtigen. Zudem trägt abgeschwemmtes Material zur Belastung von Gewässern mit Nährstoffen bei, bedeutend ist die Abschwemmung von Pflanzenschutzmitteln.

Die Folgen der chemischen Bodenverschmutzung gefährden die Bodenfruchtbarkeit. Pflanzen nehmen gewisse Schadstoffe aus dem Boden auf, was die Qualität von Lebens- und Futtermitteln beeinträchtigt. Pestizide bilden Rückstände im Boden. Mögliche negative Auswirkungen auf die biologische Aktivität und die Bodenlebewesen müssen noch vertieft untersucht werden.

Die biologische Belastung durch eingeschleppte, nicht-einheimische oder gentechnisch veränderte Organismen kann die Fruchtbarkeit der Böden beeinträchtigen, ebenso wie Veränderungen der natürlichen Netzwerke der Bodenlebewesen aufgrund externer Einflüsse wie z.B. Klimawandel oder nicht-standortgerechte Nutzung.


5. Bodenschutzmassnahmen, Siedlungsentwicklung nach innen (Massnahmen) 

Damit die Böden ihre lebenswichtigen Funktionen auch in Zukunft erfüllen können, braucht es ein nachhaltiges und integrales Ressourcenmanagement, das alle Bodenfunktionen berücksichtigt und den verschiedenen Schutz- und Nutzungsansprüchen gerecht wird. Um diese Herausforderung anzugehen, hat der Bundesrat an seiner Sitzung vom 8. Mai 2020 die Bodenstrategie Schweiz verabschiedet. Diese verlangt, dass der Bodenverbrauch bis 2050 auf netto null sinkt. Gehen also etwa bei einer Überbauung Bodenfunktionen verloren, müssen diese an einem anderen Ort durch Auftrag von Boden wieder kompensiert werden. Weitere Ziele sind die Lenkung hin zu einer nachhaltigen Nutzung des Bodens, die Minimierung des Bodenverbrauchs, der Schutz der Böden vor schädlichen Belastungen oder die Wiederherstellung degradierter Böden. Erfolgen muss die Umsetzung der Strategie in der Raumplanung, der Landwirtschaft, im Wald, auf Baustellen, bei Veranstaltungen «auf der grünen Wiese», in den Siedlungen, beim Umgang mit belasteten Böden und auf internationaler Ebene.

Zusammen mit der Bodenstrategie hat der Bund weiter ein Massnahmenpaket zur nachhaltigen Sicherung der Ressource Boden verabschiedet. Zu letzterem zählen der Sachplan Fruchtfolgeflächen (FFF), das Kompetenzzentrum Boden (KOBO) und ein Konzept für eine schweizweite Erfassung von Bodeninformationen.Um die Qualität des Bodens zu erhalten und zu verbessern, setzen Bund und Kantone verschiedene Massnahmen um, unter anderem basierend auf der Verordnung über die Belastungen des Bodens (VBBo). Gemeinsam mit der Bau-, Land- und Waldwirtschaft haben sie Instrumente entwickelt und vorsorgliche Bodenschutzmassnahmen getroffen. Auf Grossbaustellen wird zum Beispiel seit einigen Jahren eine bodenkundliche Baubegleitung verlangt, damit die Böden nicht beeinträchtigt werden und ihre Bodenfruchtbarkeit erhalten bleibt.

Um Bodenverdichtung bei der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung von Böden zu vermeiden, steht das Simulationsmodell Terranimo zur Verfügung. Damit lässt sich berechnen, wie gross das Bodenverdichtungsrisiko beim Einsatz von Landwirtschaftsmaschinen ist.Wenn Landwirte nach Erosionsschäden keine Gegenmassnahmen ergreifen, um solche Ereignisse künftig zu verhindern, können Direktzahlungen gekürzt werden. Die 2019 fertiggestellten Erosionsrisikokarten für Acker- und Dauergrünland unterstützen die Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter sowie die Kantone.

Für einen Teil der chemischen Belastungen wie Schwermetalle und für einzelne organische Schadstoffe wie polyzyklische aromatische Kohlenstoffe (PAK), Polychlorierte Biphenyle (PCB) oder Dioxine gibt der Bund Richt-, Prüf- und Sanierungswerte vor.

Für Pflanzenschutzmittel legt der Bund mit dem Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln messbare Ziele und konkrete Massnahmen fest.

Um den Bodenverlust einzudämmen, verlangt das Raumplanungsgesetztes (RPG) von Bund, Kantonen und Gemeinden, für einen haushälterischen Umgang mit der Ressource Boden zu sorgen. Mit der ersten Etappe der Teilrevision des RPGs (seit 2014 in Kraft) wurde diesem Prinzip Nachdruck verliehen. Die Siedlungsentwicklung soll in erster Linie in bereits bestehenden Bauzonen erfolgen. Die laufende zweite Revisionsetappe des RPG fokussiert hauptsächlich auf das Thema des Bauens ausserhalb der Bauzonen.

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Letzte Änderung 19.12.2022

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