Jedes Lebewesen unterscheidet sich durch kleine Abweichungen von seinen Artgenossen. Diese genetische Vielfalt erlaubt es den Arten, sich an verändernde Umweltbedingungen wie den Klimawandel anzupassen. Weil nur diejenigen Arten überleben, die mit den neuen Bedingungen zurechtkommen, garantiert die genetische Vielfalt den Fortbestand einer Population.
Mit jeder ausgestorbenen Population geht auch genetische Vielfalt verloren. Gefährdet wird die genetische Vielfalt vor allem durch
- die Verkleinerung von Populationen,
- das Verschwinden ganzer Populationen in der freien Natur,
- den einseitigen Anbau von Hochleistungssorten in der Landwirtschaft,
- die einseitige Haltung von Hochleistungsrassen,
- durch den Klimawandel.
Bei den Kulturpflanzen konnten die Verluste an genetischer Vielfalt in der Schweiz gestoppt werden. Im Wald ist die natürliche Waldverjüngung zentral für die Erhaltung der genetischen Vielfalt bei den Bäumen. Zahlen zur Entwicklung und zum Zustand der genetischen Vielfalt der Wildpflanzen und -tiere sind kaum vorhanden. Angesichts der anhaltenden Verluste bei der Artenvielfalt ist davon auszugehen, dass auch genetische Vielfalt in grossem Umfang verloren geht.
Pilotstudie zum Monitoring der genetischen Vielfalt
In der Schweiz gibt es kein systematisches Monitoring der genetischen Vielfalt von wildlebenden Arten. Eine Pilotstudie wurde an 158 Populationen (mehr als 1200 Individuen) von 5 mehr oder weniger häufig vorkommende Arten durchgeführt, die in Biotopen von nationaler Bedeutung oder in Lebensräumen vorkommen, die stärker von menschlichen Aktivitäten beeinflusst werden. Auf der Grundlage der genomischen Daten wurden 5 Indikatoren berechnet. Die Ergebnisse zeigen die Bedeutung der genetischen Vielfalt insbesondere im Hinblick auf ein besseres Verständnis des Zustands und der Entwicklung der Biodiversität, aber auch um Massnahmen zum Schutz der Biodiversität auf Populationsebene gezielter einsetzen zu können.
Pilotstudie für ein Monitoring der genetischen Vielfalt in der Schweiz (PDF, 6 MB, 31.12.2023)Im Auftrag des BAFU
Zugunsten einer genetischen Vielfalt
Der Bund engagiert sich für die Erhaltung der genetischen Vielfalt auf verschiedenen Ebenen:
Der Bund engagiert sich mit dem Betrieb der nationalen Genbank sowie mit der Umsetzung des «Nationalen Aktionsplans zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft» (NAP-PGREL) für den Schutz und die Förderung des Sortenreichtums der Kulturpflanzen. Der Aktionsplan bezweckt, alte Sorten zu inventarisieren, zu erhalten, zu beschreiben und deren nachhaltige Nutzung zu fördern.
Die natürliche Verjüngung im Wald stärkt die genetische Vielfalt. Sie fördert Bäume, die gut an die herrschenden Lebensbedingungen angepasst sind; diese sind in der Regel vielfältiger und robuster. Fast 80 % der Schweizer Wälder verjüngen sich natürlich.
Das BAFU unterstützt und fördert die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der genetischen Vielfalt im Wald mit folgenden Massnahmen:
- Nationaler Kataster der Samenerntebestände (NKS) für standortgerechtes Vermehrungsgut im Schweizer Wald inklusive Samenerntekataster nach OECD-Normen;
- Generhaltungsgebiete für eine langfristige Erhaltung der genetischen Vielfalt von Baumarten. Ein Forschungsprojekt der ETH Zürich nutzt dazu Synergien vor allem mit Waldreservaten, die diese Aufgaben bereits teilweise im Sinne der dynamischen Generhaltung erfüllen;
- Erhaltung lokal angepasster Populationen und ihres Anpassungspotenzials in Wäldern von besonderem genetischem Interesse (BGI-Wälder).
Das Netzwerk «Swiss Barcode of Life» (SwissBOL) hat zum Ziel, die Diversität des Lebens in der Schweiz mittels DNA-Barcoding zu erfassen. Das Wissen dient der nationalen Überwachung der Biodiversität und damit der Verbesserung der Schutzstrategien.
Das BAFU ist Partner von SwissBOL und unterstützt das Netzwerk finanziell.
Ein Grossteil der in der Schweiz genutzten genetischen Ressourcen wird im Ausland erworben. Für Industrie, Forschung und Landwirtschaft ist es daher wichtig, dass die genetischen Ressourcen global erhalten bleiben. Die Schweiz hat deshalb das Nagoya-Protokoll ratifiziert, das den Zugang zu genetischen Ressourcen regelt.
Weiterführende Informationen
Letzte Änderung 03.06.2024