Biologische Massnahmen wie Schutzwald oder Hangbegrünungen sind für den Schutz vor Naturgefahren von grosser Bedeutung. Im Gegensatz zu technischen Schutzbauten sind biologische Massnahmen an natürliche Abläufe gebunden. Dies ist bei der Wirkungsbeurteilung zu berücksichtigen.
Biologische Massnahmen können Gefahrenprozesse verhindern oder deren Einfluss reduzieren. Der Schutzwald ist aufgrund der grossflächigen Wirkung und des hohen Flächenanteils die wichtigste biologische Schutzmassnahme. Weitere biologische Massnahmen sind eine veränderte Landnutzung, zum Beispiel durch die Schaffung von natürlichen Rückhalteräumen, die Begrünung von steilen erosionsgeschädigten Hangpartien oder der forstliche Hang- und Bachverbau. Soweit sinnvoll werden biologische Massnahmen anstelle der technischen Massnahmen realisiert oder es wird eine kombinierte Bauweise angestrebt.
Biologische Massnahmen werden im Gegensatz zu Schutzbauten nicht immer geplant und gezielt an einem Ort erstellt. Zum Beispiel kann einem bereits bestehenden Wald eine Schutzwirkung attestiert werden. Biologische Massnahmen wirken daher meistens multifunktional und stehen in Wechselwirkungen mit unterschiedlichen Prozessen. Im Gegensatz zu technischen Massnahmen kann der Mensch zwar gestaltend einwirken, er ist aber an die natürlichen Abläufe gebunden. Insbesondere können biologische Schutzmassnahmen nicht immer auf die Schutzziele bemessen werden und können daher möglicherweise nur Teile der geforderten Schutzleistung erbringen.
Der klassische Ingenieuransatz ist daher nur beschränkt anwendbar. Um die Wirkung biologischer Schutzmassnahmen analog derjenigen von technischen Massnahmen zu eruieren, sind Methoden nötig, die auf die Eigenheiten natürlicher Systeme eingehen. Dazu ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Fachleuten aus unterschiedlichen Fachbereichen nötig. Einige Ansätze zur Wirkungsbeurteilung biologischer Schutzmassnahmen sind im Projekt PROTECT Bio erarbeitet worden. Für die Naturgefahren flachgründige Rutschungen und Steinschlag wurde mit diesem Ansatz die Wirkung des Schutzwaldes auf zwei Streckenabschnitten der SBB untersucht. Die Fallstudien zeigten, dass sich der Beitrag des Schutzwaldes an die Risikoreduktion auf Bahnanlagen quantifizieren lässt und die Kostenwirksamkeit bestimmt werden kann. In beiden Fällen wies der Schutzwald ein positives Nutzen-Kostenverhältnis auf. Ein weiteres Fallbeispiel zur Wirkungsbeurteilung des Schutzwaldes gegenüber Lawinen konnte ebenfalls eine erheblich Reduktion des Risikos nachweisen.
Im Rahmen des Projekts PROTECT Praxis werden im Sinne einer gleichwertigen Behandlung aller Massnahmen des IRM die Methodik ProtectBio und die Erkenntnisse aus den Fallbeispielen in PROTECT integriert werden.
Schutzwald
Rund die Hälfte der schweizerischen Waldfläche schützt vor Naturgefahren. Damit die Schutzwälder ihre Funktion dauernd und uneingeschränkt erfüllen können, ist eine nachhaltige Bewirtschaftung nötig. Die Schutzwaldpflege ist eine Verbundaufgabe von Bund, Kanton und weiteren Nutzniessern.
Viele Wälder leisten einen wirksamen Schutz gegen gravitative Naturgefahren wie Lawinen, Steinschlag, Rutschungen und Murgänge. In Gerinneeinhängen kann der Wald zudem den Eintrag von Lockermaterial und Holz in Gewässer verhindern oder reduzieren (gerinnerelevanter Schutzwald). Als Schutzwald gilt ein Wald, der ein anerkanntes Schadenpotenzial gegen eine bestehende Naturgefahr schützen oder die damit verbundenen Risiken reduzieren kann.
Grossflächige Schutzwirkung
Als Folge der immer intensiveren Nutzung von Siedlungs- und Industriezonen, Verkehrswegen und anderen Infrastrukturen ist das Schadenpotenzial in den letzten Jahren massiv angestiegen. Dadurch steigt auch die Bedeutung der Schutzwälder als Bestandteil des integralen Risikomanagements. Mit den nachvollziehbaren und praxistauglichen Kriterien, welche im Rahmen des BAFU-Projektes SilvaProtect-CH erarbeitet wurden, haben die Kantone den Schutzwald ausgeschieden: Gesamtschweizerisch beträgt die Schutzwaldfläche rund 6000 km2.
Als biologisches System nimmt der Schutzwald eine Sonderstellung in der Gefahrenprävention ein. Er wirkt grossflächig und bietet Schutz vor verschiedenen Naturgefahren gleichzeitig. Naturnah bewirtschaftete Schutzwälder bieten zudem vielen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum und können die Biodiversität fördern. Gleichzeitig kann der Schutzwald wirtschaftlich genutzt werden.
Die Abgeltung dieser drei Funktionen von öffentlichem Interesse (Schutz, Biodiversität und Bewirtschaftung) wird über Programmvereinbarungen zwischen dem Bund und den Kantonen geregelt.
Schutzwaldpflege
Mit der nachhaltigen Bewirtschaftung der Schutzwälder sollen diese ihre Funktionen dauernd und uneingeschränkt erfüllen können. Die Schutzwaldpflege entspricht dem periodischen Unterhalt der Schutzmassnahme. Mit Hilfe der Wegleitung «Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald (NaiS)» stellen die Kantone eine minimale Waldpflege sicher. Diese vom BAFU lancierte Wegleitung definiert die Qualitätsanforderungen an die Schutzwaldpflege.
Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald

Wegleitung für Pflegemassnahmen in Wäldern mit Schutzfunktion. Ordner. 2005
Einzelne Anhänge des NaiS-Ordners zum Downloaden
1 Naturgefahren (PDF, 775 kB, 07.10.2021)Kapitel 5 aktualisiert, 2021
2A Bestimmen des Standortstyps (PDF, 19 MB, 03.11.2022)revidiert und ergänzt; Stand März 2009
3 Anleitung für das Controlling in der Schutzwaldpflege (PDF, 65 kB, 28.09.2006)(Vollzugskontrolle und Wirkungsanalyse)
Video Schutzwald (FLV, 75 MB, 07.10.2011) – Forstmesse Luzern 2011
NaiS-LFI: Zuordnung der LFI-Stichprobenpunkte zu Waldgesellschaften
Das Schweizerische Landesforstinventar LFI liefert zahlreiche Daten zum Schweizer Wald. Im Rahmen eines mehrjährigen Projektes wurden alle 6357 LFI-Stichprobenpunkte zu Waldgesellschaften im Sinne der Standortstypen nach NaiS-Systematik zugeordnet (NaiS: Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald). Die NaiS-Standortstypen von 2009 wurden aktualisiert, weiterentwickelnd und zahlreiche Anpassungen vorgenommen, unter anderem z.B. auch die Einordnung in andere Gliederungen der Waldgesellschaften der Schweiz. Damit ist die Basis gelegt, künftig bessere Aussagen zu kommenden Herausforderungen zu machen, welchen sich der Schweizer Wald zu stellen hat um die Erhaltung aller Waldleistungen angesichts des Klimawandels zu gewährleisten.
Im Schlussbericht werden sowohl die Aktualisierung der NaiS-Standortstypen wie auch das Vorgehen zur Zuordnung der LFI-Stichprobenpunkte zu Standortstypen, die daraus abgeleiteten Resultate und Anwendungsmöglichkeiten aufgezeigt. Diese bilden unter anderem Grundlage zur Anpassung der Vollzugshilfe «Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald» (NaiS).
Weiterführende Informationen
Letzte Änderung 14.02.2023