23.08.2022 – Unsere Gewässer erfüllen verschiedenste Zwecke: Sie liefern gutes Trinkwasser in genügender Menge, bieten vielfältigen Lebensraum für Tiere und Pflanzen, ermöglichen die nachhaltige Produktion von Strom aus Wasserkraft oder laden ein zu einem Sprung ins kühle Nass. Es ist deshalb wichtig, Bäche, Flüsse, Seen und das Grundwasser in der Schweiz zu schützen und dafür zu sorgen, dass die Gewässerqualität verbessert wird.
Vor 50 Jahren stanken und schäumten die Gewässer in der Schweiz. Baden war vielerorts aus gesundheitlichen Gründen verboten. Nun wird schon seit mehreren Jahrzehnten Gewässerschutz betrieben. Der am 23. August 2022 publizierte Bericht «Gewässer in der Schweiz – Zustand und Massnahmen» zeigt, dass die getroffenen Massnahmen anschlagen, dass sie aber weitergeführt und teilweise verstärkt werden müssen.
Der Gewässerschutz wirkt
Bund, Kantone und Gemeinden haben seit den 1970er Jahren viel in die Verbesserung der Abwasserreinigung und die Siedlungsentwässerung investiert. Deshalb gelangt nur noch ein kleiner Teil der Verunreinigungen in die Seen und Flüsse. Die Phosphorkonzentrationen in den Seen haben seit den 1980er Jahren wieder abgenommen; es kann mittlerweile praktisch überall bedenkenlos gebadet werden.
Seit 2016 verfügen erste Kläranlagen in der Schweiz über eine vierte Reinigungsstufe die Mikroverunreinigungen wie Medikamente oder Pestizide aus dem Abwasser entfernt.
Seit zehn Jahren werden Flüsse, Bäche und Seen naturnaher gestaltet, indem Verbauungen und Begradigungen beseitigt werden. Um die negativen Auswirkungen der Wasserkraftnutzung zu verringern, werden zudem künstliche Abflussschwankungen gemildert und Barrieren bei Wasserkraftwerken mit Fischwanderhilfen ausgestattet. Diese Massnahmen zeigen lokal Erfolge.
Es braucht aber weitere Anstrengungen, um das ganze Gewässersystem wieder naturnaher zu gestalten. Das Ziel ist, bis 2090 4000 km verbauter und begradigter Flüsse naturnaher zu gestalten; davon sind heute erst rund 4 % revitalisiert.
Pestizide und Nährstoffe belasten das Wasser
Die Wasserqualität hat sich teilweise verbessert. Aber immer noch beeinträchtigen Pestizide aus der Landwirtschaft und Arzneimittel aus Siedlungsabwasser viele Bäche und Flüsse des Mittellandes und der Talebenen. Das Grundwasser ist verbreitet mit Nitrat und Abbauprodukten von Pestiziden belastet. Deshalb kann es mancherorts nur noch eingeschränkt als Trinkwasser genutzt werden.
Bestimmte Seen und Flüsse enthalten immer noch zu viel Phosphor und Stickstoff. Diese Gewässer befinden sich in Gebieten mit intensiver Viehmast (z.B. Baldeggersee) oder in dicht besiedelten Regionen (z.B. Greifensee).
In tiefen Schichten dieser Seen ist der Sauerstoffgehalt zu tief und Fische und Pflanzen können dort nicht leben. Einige der Seen werden deshalb künstlich belüftet.
Auch der Klimawandel wirkt sich aus
Der Klimawandel verstärkt den Druck auf die Gewässer: Die Wassertemperaturen steigen an. Dadurch werden kälteliebende Pflanzen und Tiere, etwa die Bachforelle, seltener. Weniger anspruchsvolle Tiere und Pflanzen, z.B. invasive Muscheln, breiten sich hingegen aus.
In Zukunft ist mit dem Klimawandel mit mehr Hitzewellen und Trockenphasen im Sommer zu rechnen. Gleichzeitig werden Starkniederschläge häufiger und intensiver. Im vergangenen Juni und Juli erlebte die Schweiz Hitzewellen: Im Mittelland und Jura führten Bäche und Flüsse wenig Wasser, einige trockneten zeitweise ganz aus.
Die Temperaturen in Fliessgewässern erreichten neue Höchstwerte. Grundwasserstände und Quellabflüsse gingen zurück.
Bedrohter Lebensraum
Dadurch geraten die Gewässer noch stärker unter Druck. Bereits heute bieten viele Bäche, Flüsse und Seen im Mittelland nur noch beschränkt geeigneten Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Über zwei Drittel aller Fliessgewässer erfüllen ihre Funktion als Lebensraum für Tiere und Pflanzen heute nur ungenügend.
Die starke Beeinträchtigung der Gewässer spiegelt sich auch in den Roten Listen wider: Über 50 Prozent aller Arten, die in und an Gewässern leben, sind gefährdet oder bereits ausgestorben.
Was ist zu tun?
Gewässer in natürlichem Zustand sind widerstandsfähiger gegenüber dem Klimawandel. Sie können sich selbst regenerieren. Die Massnahmen, um das Gewässersystem naturnaher zu machen, müssen daher verstärkt weitergeführt werden: Einträge von Nährstoffen und Pestiziden müssen gesenkt werden und Flüsse und Seeufer naturnaher gemacht werden. Zudem müssen die künstlichen Abflussschwankungen der Wasserkraft gemildert und Kraftwerksbarrieren mit Fischwanderhilfen ausgestattet werden.
So können die Gewässer in Zukunft ihre Aufgaben als Trinkwasserlieferant, vielfältigen Lebensraum für Pflanzen und Tiere und Erholungsgebiete erfüllen.
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Letzte Änderung 23.08.2022