Bäche, Flüsse, Seen und das Grundwasser stehen unter Druck. Viele Gewässer werden durch Düngerrückstände, Pestizide und Arzneimittel verunreinigt. Sie sind eingeengt, begradigt und verbaut. Ausserdem werden sie durch die Wasserkraftnutzung beeinträchtigt. Negativ wirken sich zunehmend auch eingeführte Pflanzen und Tiere sowie der Klimawandel aus.
Gewässerverbauungen und Abflussregulierungen
Die Fliessgewässer haben seit Mitte des 19. Jahrhunderts einen Grossteil ihrer natürlichen Vielfalt eingebüsst. Kanalisierungen, harte Uferverbauungen und andere Gewässerkorrektionen haben dazu geführt, dass heute die Gewässerstruktur – anders gesagt: der ökomorphologische Zustand – fast eines Viertels aller Fliessgewässer schlecht ist.
Der Wasserstand von 30 der 35 grössten Seen ist künstlich reguliert. Mehr als 50 Prozent der Ufer von grösseren Seen sind verbaut. Dadurch sind die ökologisch wertvollen Übergangsbereiche zwischen Wasser- und Landlebensräumen verschwunden.
Wasserkraftnutzung
In der Schweiz wird insgesamt an rund 1’400 Standorten Wasser aus Fliessgewässern für die Stromproduktion in Wasserkraftwerken entnommen. Das führt dazu, dass oft nur ein Bruchteil des natürlichen Abflusses im Gewässer verbleibt. Schweizer Flüsse sind auf rund 2’700 km davon betroffen. Wo es zu wenig Wasser gibt, verschwindet der Lebensraum für aquatische Tiere und Pflanzen.
Rund 1000 Staumauern, Dämme, Wehre, Schwellen und Rampen stellen Hindernisse für Fische und andere Lebewesen dar.
Rund 500 Wasserkraftwerke und andere Anlagen halten ökologisch wertvolles Gesteinsmaterial (Geschiebe) zurück. Betroffen sind mehr als 2’000 Gewässerkilometer.
Rund 100 Speicherkraftwerke verursachen oft künstliche Abflussschwankungen (Schwall-Sunk), durch die Gewässerlebewesen auf in kürzester Zeit trockenfallenden Kiesbänken stranden können oder durch plötzlich auftretende Flutwellen weggespült werden. Betroffen sind rund 1’000 Gewässerkilometer.
Menschgemachte Verschmutzungen
In Landwirtschaft, Industrie, Gewerbe und Haushalt werden täglich Stoffe in grosser Zahl eingesetzt. Ein Teil dieser Stoffe verunreinigt die Gewässer und trägt zum Verlust der Biodiversität bei. Aus der Landwirtschaft und aus Kläranlagen gelangen Nährstoffe in die Fliessgewässer und das Grundwasser, wodurch das Grundwasser verunreinigt werden kann und gewisse Seen überdüngt werden. Aus denselben Quellen gelangen Rückstände von Pestiziden und Medikamenten in die Gewässer. Sie können bereits in sehr niedrigen Konzentrationen nachteilige Wirkungen auf die Wasserlebewesen haben und das Grundwasser verunreinigen. Aus diesem Grund spricht man bei diesen Stoffen auch von Mikroverunreinigungen.
Nährstoffe und Pflanzenschutzmittel aus der Landwirtschaft gelangen vor allem im Mittelland und in den Talebenen in die Gewässer. In diesen Gebieten befinden sich verbreitet Acker-, Reb- und Obstflächen, auf denen bedeutende Mengen von Pflanzenschutzmitteln und Dünger ausgebracht werden.
Nicht alle Stoffe werden in den über 700 kommunalen Kläranlagen der Schweiz komplett zurückgehalten. Mit dem gereinigten Abwasser gelangen Mikroverunreinigungen sowie Nährstoffe und kleine Kunststoffpartikel in die Gewässer.
Industrie- und Gewerbeunternehmen leiten je nach Branche eine Vielzahl unterschiedlicher Mikroverunreinigungen in die Oberflächengewässer. Das Abwasser wird teilweise intern vorbehandelt (= Direkteinleiter) oder einer Kläranlage zugeführt (= Indirekteinleiter).
Aus Siedlungs- und Verkehrsflächen gelangen Mikroverunreinigungen, Nährstoffe, Kunststoffpartikel und andere Stoffe auch über schwer lokalisierbare, diffuse Eintragswege in die Gewässer.
Bodenversiegelung
Siedlungen und Verkehr bedrängen Flächen, die für eine nachhaltige Trinkwassergewinnung aus Grundwasser benötigt werden. Versiegelte Böden verringern die Neubildung von Grundwasser. Gebiete ohne genügende Filterwirkung erhöhen zudem das Risiko von Verunreinigungen. Es existieren heute kaum mehr unbebaute, nur extensiv genutzten Flächen, auf denen die erforderlichen Schutzzonen rund um Trinkwasserfassungen ausgeschieden werden können.
Klimawandel
Der Klimawandel wirkt sich in verschiedener Hinsicht auf die Gewässer aus. Flüsse und Seen werden wärmer und es kommt zu mehr und längeren Trockenperioden und extremen Hochwasserereignissen. Die wärmeren höheren Wassertemperaturen in den Seen beeinflussen auch den Austausch zwischen dem Wasser an der Oberfläche und in der Tiefe der Seen und damit die Sauerstoffversorgung im Tiefenwasser. In den nächsten Jahrzehnten werden diese Klimafolgen noch ausgeprägter auftreten.
Invasive gebietsfremde Pflanzen und Tiere
In den Schweizer Gewässern leben immer mehr gebietsfremde Pflanzen und Tiere. Besonders häufig sind sie in den grossen Flüssen und in einigen Seen, wo invasive Arten ganze Lebensräume stark verändern können und somit einen der Gründe für den Rückgang der Biodiversität darstellen.
Letzte Änderung 14.06.2024