Lärm und Erschütterungen: Das Wichtigste in Kürze

Ruhe ist wichtig für unsere Lebensqualität. Sie erlaubt Menschen, sich zu erholen, gut zu schlafen, sich zu konzentrieren und einander zu verstehen. Lärm hingegen stört und macht krank. In der Schweiz ist jede siebte Person an ihrem Wohnort zu starkem Verkehrslärm ausgesetzt. Besonders betroffen ist die Bevölkerung in den Städten und Agglomerationen. Die Auswirkungen von Lärm auf die Gesundheit und die Ruhebedürfnisse der Menschen müssen ernst genommen und vor allem bei der Siedlungsentwicklung stärker berücksichtigt werden.


1. Mobilität, Innenentwicklung, 24h-Gesellschaft.  (Ursachen)

Die Mobilität in der Schweiz nimmt kontinuierlich zu. Rund drei Viertel der Verkehrsleistung im Personenverkehr (nur Landverkehr) entfallen auf den privaten motorisierten Strassenverkehr. Erst die Massnahmen zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie wie zum Beispiel die Homeoffice-Pflicht führte bei den Verkehrsleistungen in der Schweiz 2020 zum ersten Mal seit Mitte der 1990er-Jahre wieder zu einem Rückgang. Lärm und Raumentwicklung stehen in enger Abhängigkeit zueinander: Zur Schonung von Boden und Landschaft muss sich das Siedlungsgebiet nach innen entwickeln. Im Siedlungsinneren herrscht jedoch häufig eine erhöhte Lärmbelastung, was die Lebensqualität schmälert. Umgekehrt verkürzt die Innenentwicklung auch die Wege, der Fuss- und Veloverkehr gewinnt an Bedeutung, und die Lärmbelastung sinkt.

Städte und Agglomerationen entwickeln sich in Richtung einer 24-Stunden-Gesellschaft: Die Öffnungszeiten von Gaststätten, Freizeiteinrichtungen, Einkaufszentren und anderen Angeboten werden länger, das gemeinsame Verständnis für Ruhezeiten schrumpft. Auf der anderen Seite steigt das Gesundheitsbewusstsein und die Ansprüche an die Lebensqualität. Damit nimmt das Lärmkonfliktpotenzial zu.


2. Lärmemissionen und Erschütterungen (Belastungen)

Lärm verursacht durch Strassenverkehr belastet schweizweit am meisten Personen. Nach ihm folgen der Lärm verursacht durch die Eisenbahn und den Flugverkehr. Trotz technischer Verbesserungen bei Autos, Zügen und Flugzeugen sind die Lärmemissionen in der Schweiz insgesamt nicht zurückgegangen. Gründe sind das Verkehrswachstum, das höhere Gewicht und die breiteren Reifen der Autos auf der einen und die Bevölkerungszunahme und die Siedlungsentwicklung auf der anderen Seite.

Bei tiefen Geschwindigkeiten oder bei urbanem Stop-and-go-Verkehr könnte der Trend zur Elektromobilität die Lärmbelastung in Zukunft jedoch spürbar reduzieren.

Weitere Lärmquellen sind Schiessanlagen, Industrie- und Gewerbeanlagen, Maschinen, Baustellen und Alltagsaktivitäten (Nachbarschaftslärm, Musik, Rasenmäher usw.).

Hauptquelle von Erschütterungen und abgestrahltem Körperschall ist der Eisenbahnverkehr


3. Bevölkerung noch ungenügend geschützt (Zustand)

In der Schweiz ist tagsüber jede 7. Person (1.1 Mio. Menschen) an ihrem Wohnort Verkehrslärmbelastungen ausgesetzt, die über den Immissionsgrenzwerten der Lärmschutzverordnung liegen. Auch während der Nacht leidet jede 8. Person (1 Mio. Menschen) unter schädlichem oder lästigem Verkehrslärm. Betroffen sind rund 600‘000 Wohneinheiten am Tag, in der Nacht sind es knapp 530‘000.

Das Ziel gemäss Bundesverfassung, die Bevölkerung vor übermässigem Lärm zu schützen, ist damit noch nicht erreicht. Die durchgeführten Sanierungsprojekte bieten nicht überall effektiven Schutz. Denn oft wurden Erleichterungen gewährt, die eine Überschreitung der Belastungsgrenzwerte zulassen.

Der Verkehrslärm ist in erster Linie ein Umweltproblem der Städte und Agglomerationen. Über 90 % der Personen, die von schädlichem oder lästigem Verkehrslärm betroffenen sind, leben in und um grössere Zentren. In den verdichteten Wohngebieten der Agglomerationen nimmt auch der Lärm von Alltags- oder Freizeitaktivitäten tendenziell zu

Die subjektiv empfundene Lärmbelastung wird periodisch erhoben. Die Befragungen zeigen, dass der Anteil der Bevölkerung, die sich zuhause bei offenem Fenster durch Verkehrslärm gestört fühlen, ähnlich hoch ausfällt wie die objektiv berechnete Lärmbelastung.

Unter Erschütterungen im Bereich der Immissionsgrenzwerte leiden in der Schweiz gemäss Schätzungen des BAFU rund 40'000 Personen.


4. Gesundheitliche und wirtschaftliche Auswirkungen (Auswirkungen)  

Die ständige Lärmbelastung durch Umgebungslärm (Verkehrs-, Nachbarschafts- oder Freizeitlärm) führt selten zu einer direkten Schädigung des Gehörs. Hingegen macht die dauernde Lärmbelastung krank. 

  • Der menschliche Körper reagiert auf störende Geräusche mit der Ausschüttung von Stresshormonen. Die Folgen sind eine erhöhte Herzfrequenz und erhöhte Blutdruckwerte, was zu Herzkrankheiten bis hin zum Herzinfarkt führen kann.
  • Wird der Mensch nachts im Schlaf beeinträchtigt, kann er sich nicht mehr im nötigen Umfang erholen. Unmittelbare Folgen davon sind chronische Ermüdungszustände, Nervosität, erhöhte Reizbarkeit und eine reduzierte Leistungsfähigkeit.
  • Die Schweizer Bevölkerung verliert jedes Jahr rund 69‘300 Lebensjahre (DALY), die ohne Verkehrslärm bei einwandfreier Gesundheit hätten gelebt werden können (WHO Schätzungen)

Auch volkswirtschaftlich führt Lärm zu Einbussen: Exponierte Liegenschaften verlieren an Wert, verlärmte Gebiete sind weniger attraktiv zum Wohnen und Arbeiten und die gesundheitlichen Folgen der Lärmbelastung gehen ins Geld. Die externen Kosten, die Verkehrslärm verursacht, beliefen sich im Jahr 2020 auf 2'529 Mio. Franken. Davon entfielen 2'039 Mio. Franken (81%) auf den Strassenverkehr.

Mit steigendem Lärm verändert sich in der Regel auch die soziale Zusammensetzung der Wohnbevölkerung am betreffenden Ort. Es findet eine soziale Entmischung statt: Wer es sich leisten kann, zieht an einen ruhigeren Ort.

Das Umziehen in ruhigere Wohngebiete führt wiederum zu einer zunehmenden Lärmbelastung, da dies das Mobilitätsbedürfnis der Bevölkerung fördert. Mit neuen und ansteigenden Verkehrsströmen entstehen zusätzliche Lärmprobleme in vormals ruhigen Gebieten und akustisch wertvolle Erholungszonen werden zusätzlich tangiert.


5. Lärm an den Quellen vermeiden und die natürliche Ressource «Ruhe» schützen (Massnahmen)  

Gesetzliche Grundlagen für die Lärmbekämpfung sind das Umweltschutzgesetz und die Lärmschutzverordnung. Das Gesetz sieht vor, den Lärm primär an der Quelle zu reduzieren, indem jeweils der neueste Stand der Technik zur Lärmvermeidung verwendet wird. Werden die Belastungsgrenzwerte nicht eingehalten, muss der Inhaber der lärmigen Anlage weitere Massnahmen ergreifen.

Der Bund beteiligt sich im Rahmen der Programmvereinbarungen mit finanziellen Beiträgen an den Massnahmen der Kantone gegen übermässigen Strassenverkehrslärm. Seit 1985 haben Bund und Kantone rund 6 Milliarden Franken in die Lärmsanierung der Strassen investiert. Damit konnten bis heute rund 1 Million Personen von Massnahmen profitieren. Da diese Belastung nach wie vor sehr gross ist, entwickelt sich die Strassenlärmbekämpfung zu einer Daueraufgabe.

Im Strassenverkehr kann der Lärm z. B. mit folgenden Massnahmen reduziert werden: 

  • Lärmarme Strassenbeläge
  • Einsatz leiser Reifen
  • Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit
  • Angepasste Fahrweise
  • Verkehrsberuhigende Massnahmen  

Die Lärmbelastung durch den Eisenbahnverkehr konnte deutlich gesenkt werden, zum Beispiel durch Umrüstung des Rollmaterials auf lärmarme Bremstechniken, das Verbot besonders lauter Güterwagen, Verbesserungen bei der Schieneninfrastruktur sowie durch das Errichten von Lärmschutzwänden. Das Nachtflugverbot verhindert Fluglärm während der besonders schutzwürdigen Ruhezeit.

Da in der Schweiz die Siedlungsentwicklung mit verdichtetem Bauen vermehrt nach innen gelenkt wird, die Bevölkerung zunimmt und der Verkehr wächst, werden Massnahmen an der Quelle immer wichtiger, um einen akustisch angenehmen Wohn- und Lebensraum zu sichern. Die Bevölkerung benötigt erreichbare, ruhige Gebiete innerhalb und ausserhalb der Siedlungsgebiete. Daher muss die Ressource «Ruhe» konsequent geschützt werden.

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Letzte Änderung 20.12.2022

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