Flüchtige organische Verbindungen (volatile organic compounds, VOC) werden als Lösungsmittel in zahlreichen Branchen eingesetzt und sind in verschiedenen Produkten enthalten, z.B. in Farben, Lacken und diversen Reinigungsmitteln. Gelangen diese Stoffe in die Luft, haben sie eine schädigende Wirkung auf Mensch und Umwelt. Die VOC-Lenkungsabgabe schafft einen finanziellen Anreiz, VOC-haltige Produkte sparsam zu verwenden.
Gestützt auf die Artikel 35a und 35c des Umweltschutzgesetzes (USG), ist am 1. Januar 1998 die Verordnung über die Lenkungsabgabe auf flüchtigen organischen Verbindungen (VOCV) in Kraft getreten. Die Lenkungsabgabe auf VOC wird seit dem 1. Januar 2000 erhoben. Der Abgabesatz beträgt seit dem 1. Januar 2003 3 CHF pro kg VOC.
Von der Vielzahl organischer Substanzen, die als VOC gelten, sind bei weitem nicht alle der Lenkungsabgabe unterstellt. In der Stoff-Positivliste (Anhang 1 VOCV) sind die abgabepflichtigen VOC bezeichnet; in der Produkte-Positivliste (Anhang 2 VOCV) sind die Produkte bezeichnet, die in der Regel VOC enthalten.
Die VOC-Lenkungsabgabe wird durch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) bei der Einfuhr in die Schweiz bzw. bei der Herstellung im Inland erhoben; werden VOC-haltige Produkte ins Ausland exportiert, wird die Abgabe zurückerstattet (Grenzausgleich).
Die befristete Befreiung von der Lenkungsabgabe von Flächendesinfektionsmittel ist Ende 2021 ausgelaufen
Die befristete Befreiung von der Lenkungsabgabe von Produkten der Zolltarifnummern 3808.9410 und 3808.9480 (insbesondere Flächendesinfektionsmittel) ist Ende 2021 ausgelaufen. Seit 1. Januar 2022 werden die in diesen Produkten enthaltenen VOC wieder mit der Lenkungsabgabe belastet. Desinfektionsmittel zur innerlichen oder äusserlichen Anwendung in der Human- oder Veterinärmedizin zu therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken am lebenden Gewebe der Zolltarifnummern 3003.9000 und 3004.9000 (insbesondere Händedesinfektionsmittel) bleiben weiterhin von der Lenkungsabgabe befreit.
Für die Belastung mit der Abgabe ist die Zolltarifeinreihung des Desinfektionsmittels ausschlaggebend. Diese richtet sich insbesondere nach dessen Zulassung und Anpreisung. Desinfektionsmittel, die für eine gemischte Verwendung zugelassen sind und entsprechend angepriesen werden, gehören zu den Zolltarifnummern 3808.9410 bzw. 3808.9480. Somit kann es bei einer Anpreisung wie beispielsweise "Händedesinfektionsmittel; kann auch zur Desinfektion kleiner Flächen verwendet werden" sinnvoll sein, die Zulassung und entsprechend die Anpreisung anzupassen, damit das Produkt unter die Zolltarifnummern 3003.9000 bzw. 3004.9000 fällt und von der Abgabe befreit ist. Weitere Hinweise und Erläuterungen zur Zulassung von Desinfektionsmitteln finden Sie bei der Gemeinsamen Anmeldestelle Chemikalien.
Für bis zum 31. Dezember 2021 hergestellte Desinfektionsmittel der Zolltarifnummern 3808.9410 und 3808.9480 können die Hersteller noch bis zum 31. März 2022 die Rückerstattung der Lenkungsabgabe beim BAZG, Sektion VOC, Automobilsteuer, Rückerstattungen beantragen, wenn sie zur Herstellung mit der Abgabe belastete VOC verwendet haben. Für hergestellte Desinfektionsmittel der Zolltarifnummern 3003.9000 und 3004.9000 gelten die vorgenannten Fristen nicht.
Wichtig: Hersteller, die über eine Bewilligung zum Bezug von vorläufig abgabebefreiten VOC verfügen (Verpflichtungsverfahren), beantragen die Abgabebefreiung für bis zum 31. Dezember 2021 hergestellte Desinfektionsmittel der Zolltarifnummern 3808.9410 und 3808.9480 im Rahmen ihrer ordentlichen VOC-Bilanz.
Vollzug der VOC-Lenkungsabgabe
Des Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) ist verantwortlich für die Erhebung der VOC-Lenkungsabgabe. Richtlinie, Merkblätter und Formulare der BAZG für den Vollzug der VOC-Lenkungsabgabe:
Das BAFU unterstützt das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) beim Vollzug der Bestimmungen der VOCV, insbesondere
- bei der Verteilung des Abgabeertrags via Krankenversicherer an die Bevölkerung (Art. 23-23b VOCV),
- bei der Abgabenbefreiung bei Massnahmen zur Verminderung der Emissionen (Art. 9-9h VOCV),
- bei der Überprüfung der Wirkung sowohl der Lenkungsabgabe als auch der Abgabebefreiung.
Das BAFU leitet zudem die Fachkommission für die VOC-Lenkungsabgabe.
Rückverteilung an die Bevölkerung
Das Umweltschutzgesetz sieht vor, dass der Ertrag der VOC-Lenkungsabgabe (zusammen mit den Einnahmen aus der CO2-Abgabe) via Krankenversicherer gleichmässig an die Bevölkerung verteilt wird. Die Verteilung erfolgt an alle Personen, die der Versicherungspflicht nach Krankenversicherungsgesetz (KVG) unterstehen und ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz haben. Die jährlichen Erträge aus der VOC-Lenkungsabgabe samt Zinsen werden jeweils im übernächsten Jahr ausbezahlt.
Warum Sie 2022 CHF 88.20 erhalten (PDF, 519 kB, 13.08.2021)Merkblatt Rückverteilung der Umweltabgaben 2022
Abgabebefreiung nach Artikel 9 VOCV
Anlagenbetreiber können sich nach Artikel 9 VOCV von der Abgabe befreien lassen, wenn sie wirksame Abluftreinigungsanlagen einsetzen und ihre VOC-Emissionen entlang des Produktionsprozesses gemäss bester verfügbarer Technik reduzieren. Rund hundert Unternehmen nutzen heute diese Möglichkeit der Befreiung.
Branchenspezifische Richtlinien:
Verminderung der diffusen VOC-Emissionen für eine Abgabebefreiung nach Art. 9 VOCV

Branchenspezifische Richtlinien. Mitteilung des BAFU als Vollzugsbehörde an den Gesuchsteller. 2. aktualisierte Ausgabe. 2017
Formulare für den Massnahmenplan nach Art. 9d VOCV oder für das Gesuch um Feststellung der Erfüllung der Anforderungen (BvT-Feststellung)
Formular zur Richtlinie für die Verarbeitung von expandierbarem Polystyrol (XLSM, 70 kB, 04.01.2017)
Formular zur Richtlinie für die Farben-, Lack- und Bindemittel-Herstellung (XLSM, 72 kB, 04.01.2017)
Der jährliche Nachweis für die Abgabenbefreiung bei Massnahmen zur Verminderung der diffusen Emissionen gemäss Art. 9h Abs. 1 Bst. a und b VOCV ist in der Bilanz 55.30 integriert.
Vollzugshilfe zur Beurteilung des Standes der Technik
Erfassung diffuser VOC-Emissionen

Stand der Technik bei ausgewählten Prozessen. Vollzugshilfe zur Beurteilung des Erfassungsgrades. 2009
Wirkung der VOC-Lenkungsabgabe
Die VOC-Emissionen konnten seit Einführung der VOC-Lenkungsabgabe um gut 40% auf knapp 80000 t pro Jahr gesenkt werden.
Der Bundesrat hat in seinem Luftreinhaltekonzept von 2009 als ökologisches Schutzziel eine notwendige VOC-Emissionsreduktion von 20 - 30% unter der Fracht von 2005 definiert. Diese Emissionsminderungen entsprechen auch dem nächsten Etappenziel von minus 30% bis 2020 gegenüber dem Jahr 2005, das zur Revision des Göteborg-Protokolls im Rahmen der Konvention über die weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung (UNECE) für die Schweiz ausgehandelt worden ist. Daraus lässt sich ein weiterer Reduktionsbedarf von mindestens 5000 t VOC ableiten.
Die bisherigen Erfolge bei der Reduktion der VOC-Emissionen wurden dank der Kombination der VOC-Lenkungsabgabe mit den Vorgaben der Luftreinhalte-Verordnung (LRV) erzielt.
Weiterführende Informationen
News
Links
Dokumente
Effects of the VOC Incentive Tax on Innovation in Switzerland (PDF, 543 kB, 11.06.2010)Case studies in the printing, paintmaking and metal cutting industries. OECD, 2009
Volkswirtschaftliche Beurteilung (VOBU) von Erleichterungen im VOCV-Vollzug (PDF, 1 MB, 27.01.2021)Studie im Auftrag des BAFU
Letzte Änderung 13.05.2022