Nachhaltige Finanzen

Unsere Produktions- und Konsummuster überschreiten die Belastbarkeitsgrenzen des Planeten: Klimawandel, Wasserknappheiten und Biodiversitätsverlust sind die Folgen. Um die Funktionsfähigkeit der Ökosysteme für heutige und künftige Generationen sicherzustellen kann der Finanzsektor in der Rolle des Enablers (Befähigers) die dafür notwendige Transition der Realwirtschaft zu einer ressourceneffizienten und zukunftsfähigen Wirtschaft ermöglichen.

Der Staat kann als Vermittler die Bemühungen der Branche unterstützen. Der Bundesrat sieht in Bezug auf das Thema der ökologischen Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit der Finanzmarktpolitik sowohl die Möglichkeit, die Auswirkungen von Umwelt-Risiken auf die Finanzstabilität zu reduzieren, als auch die Geschäfts-Chancen für den Finanzplatz Schweiz zu nutzen.

Doppelte Wesentlichkeit

Der Zusammenhang zwischen unserer Umwelt (Klima und Biodiversität) und dem Finanzsektor ist eine indirekte Verbindung, welche durch Investitionen in Unternehmen entsteht, die einerseits von der biologischen Vielfalt und deren Ökosystemleistungen abhängig sind und andererseits negative Auswirkungen auf Letztere haben. Diese bilaterale Verbindung wird als doppelte Wesentlichkeit bezeichnet, welche auch doppeltes Risiko bedeutet. Für die Umwelt besteht das Risiko der Degradierung der Ökosysteme und des Artenverlustes. Durch die damit verbundene Abnahme von Ökosystemleistungen entsteht wiederum den Unternehmen ein Risiko, welche von diesen Leistungen abhängig sind (physisches Risiko). Durch Unternehmen verursachte negative Umweltauswirkungen, können ausserdem zu Reputations- und Übergangsrisiken führen. In der aktuellen Strategie des Bundes zu Sustainable Finance ist die Beachtung der doppelten Wesentlichkeit zentral. So sollen z.B. im Sinne der Gewährleistung der Transparenz im Finanzmarkt nicht nur Klimarisiken, sondern auch Klimaauswirkungen durch Unternehmen offengelegt werden


Politischer Handlungsbedarf

Wirtschaft und Staat sind sich ihrer Verantwortung mit Blick auf die Klimaerwärmung, die Umweltbelastungen und die Auswirkungen der abnehmenden Biodiversität bewusst. Mit der Agenda 2030 einigte sich die Schweiz mit der internationalen Staatengemeinschaft auf die 17 ‘Sustainable Development Goals’ – universell gültige Ziele für eine nachhaltige Entwicklung. Des Weiteren bekannte sich der Bundesrat 2019 zum Ziel einer Netto-Null Schweiz (ausgeglichenen Treibhausgasbilanz) und mit der Volksabstimmung im Juni 2023 zum Klima-Innovationsgesetz ist dieses Ziel nun auch gesetzlich verankert. Letztlich unterzeichnete die Schweiz im Rahmen der Biodiversitätskonvention (CBD COP-15) gemeinsame globale Ziele zum Erhalt der Biodiversität bis 2030 und 2050.

Die Finanzierung der Ziele für eine nachhaltige Entwicklung, sowie der Klima- und Biodiversitätsziele ist mit öffentlichen Mitteln alleine nicht gesichert, die Mobilisierung privater Gelder ist zwingend notwendig.

Zudem wird die Schweiz zusammen mit ihrem Finanzplatz Massnahmen identifizieren müssen, um die Finanzflüsse biodiversitätsverträglich auszurichten. Dies steht im Einklang mit der Strategie für Sustainable Finance des Bundesrates.


Beschlüsse und Massnahmen des Bundesrats

Der Bundesrat hat sich für 2022 das Ziel gesetzt, die Position der Schweiz als führender Standort für nachhaltige Finanzen zu festigen. Mit seinem Bericht vom Dezember 2022 beschliesst er grundsätzlich das weitere Vorgehen und legt das strategische Fundament der Arbeiten des Bundes im Bereich Sustainable Finance für die Jahre 2022 bis 2025 fest. Dabei legt er vier Handlungsfelder fest - Nachhaltigkeitsdaten aus der Gesamtwirtschaft, Transparenz im Finanzsektor, Impact Investments und Grüne Anleihen, sowie Bepreisung von Umweltverschmutzung.

Aktuelle Sustainable-Finance-Arbeiten des Bundes fokussieren sich insbesondere auf Klima- und Biodiversitätsaspekte, da hier Verpflichtungen für die entsprechende Ausrichtung der Finanzmittelflüsse bestehen bzw. erarbeitet werden und Grundlagen wie Daten, Messbarkeit und Ansätze zur Preissetzung international am weitesten fortgeschritten sind.


Biodiversität und Finanzmarkt

Weltweit befindet sich die Biodiversität in einem starken Rückgang. Wirtschaftliche Aktivitäten, welche der Biodiversität schaden sind der Hauptgrund dafür. Auch Finanzinstitutionen nehmen einen negativen Einfluss auf Biodiversität, wo sie biodiversitätsschädigende Aktivitäten von Unternehmen finanzieren.

Da geschätzt die Hälfte der globalen Wirtschaftsleistung moderat bis stark von der Biodiversität abhängt, sind sowohl Realwirtschaft als auch der Finanzsektor massiven Risiken durch Biodiversitätsverlust ausgesetzt. Das Weltwirtschaftsforum (WEF) bezeichnet in seinem Global Risks Report den Biodiversitätsverlust als eines der grössten Risiken für die Wirtschaft. Mit dem Verlust von Biodiversität geht auch der Verlust von essentiellen Ökosystemleistungen einher. Unternehmen, die z.B. auf fruchtbare Böden, Insektenbestäubung oder Wasserversorgung angewiesen sind, sind somit direkt den Risiken des Biodiversitätsverlusts ausgesetzt. Indirekt sind Finanzinstitutionen, welche in diese Unternehmen investiert sind, auch diesen Risiken ausgesetzt.

Im Rahmen der Finanzbeschlüsse unter dem Biodiversitätsabkommen der CBD COP-15 wurde unter anderem vereinbart, dass die Industrieländer zusammen bis 2030 jährlich USD 30 Milliarden zur Unterstützung des Biodiversitätsschutzes in Entwicklungsländern aus öffentlichen und privaten Quellen zur Verfügung stellen sollen. Dies bedingt, dass die Schweiz dem Schutz und der nachhaltigen Nutzung der Biodiversität im Rahmen ihrer internationalen Zusammenarbeit ein höheres Gewicht gibt.

Der Bund engagiert sich für die Verbesserung zur Offenlegung von Biodiversitätsrisiken und -wirkungen und begrüsst die Schaffung international vergleichbarer, aussagekräftiger Transparenz zu Biodiversitätsrisiken und -wirkungen im Finanzmarkt.


ENCORE

Mit dem ENCORE Tool können Finanzinstitutionen Biodiversitätsaspekte in ihre Finanzentscheide einbeziehen. Finanzflüsse können so gezielt weg von biodiversitätsschädlichen hin zu biodiversitätsfördernden wirtschaftlichen Aktivitäten gelenkt werden. Die von der Biodiversitätskonvention definierten Ziele zum Erhalt der Biodiversität dienen dabei als Orientierung.

In einer ersten vom SECO unterstützten Version des ENCORE Tools konnten mit wirtschaftlichen Aktivitäten verbundene Biodiversitätsrisiken ermittelt werden. Diese werden nun durch Unterstützung vom BAFU in einer zweiten Version mit Biodiversitätswirkungen ergänzt. Verschiedene Indikatoren zeigen auf, inwieweit das Investitionsportfolio der Biodiversität schadet bzw. inwieweit es potentiell mit den internationalen Biodiversitätszielen in Einklang gebracht werden kann. In Folge können konkrete Schritte unternommen werden um das Portfolio biodiversitätsfreundlicher zu gestalten. Das Tool wurde in Zusammenarbeit mit Grossbanken und Versicherungen erarbeitet. Es ist frei zugänglich und soll als nützliche Hilfestellung dienen für Finanzinstitutionen in der Schweiz und weltweit, damit sich diese vermehrt an den globalen Biodiversitätszielen ausrichten.


Wasser und Finanzmarkt

Weltweit stehen 90 Prozent aller Naturkatastrophen im Zusammenhang mit Wasser. Infolge des Klimawandels, des zunehmenden Bedarfs an Süsswasser sowie des Bevölkerungs- und Einkommenswachstums ist davon auszugehen, dass sich die Wasserkrise und die damit verbundenen Risiken verschärfen werden. Die Folgen werden für die Zivilgesellschaft, die Unternehmen und die Investoren gleichermassen spürbar sein. 

Ereignisse bedeutender gestrandeter Vermögenswerte aufgrund ihrer Gefährdung durch verschiedene Arten von Wasserrisiken erleben wir bereits heute. In diesem Bericht sind konkrete Beispiele für solche Ereignisse aufgezeigt, die sich in jüngster Zeit in vier der am stärksten wasserabhängigen Sektoren ereignet haben: Kohle, Öl und Gas, Energie sowie Metalle und Bergbau.

Wasserrisiken sind eng mit anderen Umweltrisiken verflochten. Wird mit diesen Risiken nicht angemessen umgegangen, könnten Klima- und Biodiversitätsrisiken zunehmen. Ein adäquater Umgang mit Wasserrisiken trägt folglich zur Milderung von Biodiversitätsrisiken sowie zur Erreichung der Ziele des Klimaübereinkommens von Paris sowie der Biodiversitätskonvention (CBD) bei.

Zwar werden wasserbezogene Risiken von zahlreichen Investoren erkannt, aber nur wenige von ihnen berücksichtigen die Folgen ihrer Investitions- und Finanzierungsentscheidungen für die längerfristige quantitative und qualitative Verfügbarkeit von Wasser oder pflegen eine aktive Beziehung zu Kapitalnehmern. Investoren können bei der Bewältigung der Wasserkrise eine aktive Rolle spielen.

Folgende Publikation zeigt auf, wie Investoren gemeinsam mit den Firmen, in die sie investiert sind, durch die Gewährleistung der Wassersicherheit auf Einzugsgebietsebene zur Verwirklichung des SDG 6 (Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen) der Agenda 2030 beitragen können.


Nachhaltigkeit in der Finanzaus und -weiterbildung

In seinem Bericht ‘Sustainable-Finance Schweiz - Handlungsfelder 2022-2025 für einen führenden nachhaltigen Finanzplatz zählt der Bundesrat die Nachhaltigkeitsexpertise im Finanzmarkt zu den Massnahmen zur Förderung der Transparenz im Finanzsektor. Denn das Vorhandensein von Fach- und Führungskräften mit Nachhaltigkeitskompetenzen ist eine wichtige Voraussetzung, um Transparenz zu schaffen und eine Schweizer Führungsrolle im Bereich Sustainable Finance erfolgreich zu etablieren. Insbesondere aufgrund der hohen Dynamik der Entwicklungen im Nachhaltigkeitsbereich spielen auch formale Berufsbildungsabschlüsse sowie interne oder branchenspezifische Aus- und Weiterbildungsangebote eine bedeutende Rolle.

Das BAFU unterstützt Arbeiten, die der Identifikation von Lücken und praktische Massnahmen in der Nachhaltigkeit im Finanzaus und -Weiterbildungssystem in der Schweiz dienen.

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Letzte Änderung 22.12.2023

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